Baker trifft auf Entgegenkommen

■ Israelis und Palästinenser zeigten sich im Gespräch mit dem US-Außenminister flexibel/ Israelisch- syrisches Verhältnis im Zentrum ägyptisch-israelischer und amerikanisch-arabischer Beratungen

Aus Tel Aviv Amos Wollin — Gestern beendete US-Außenminister Baker seine Gespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten Rabin. Anschließend reiste er in die jordanische Hauptstadt Amman weiter und von dort aus nach Syrien, während sich der israelische Ministerpräsident auf Einladung des ägyptischen Staatschefs Mubarak nach Kairo begab. Die ägyptisch-israelischen Gespräche finden statt, bevor die arabischen Außenminister am kommenden Freitag in Damaskus über ihr weiteres Vorgehen in den Nahostverhandlungen beraten.

Bakers und Rabins Reisen in die arabischen Hauptstädte wurden von erneuten Kämpfen im Südlibanon begleitet. Die libanesische Hisbollah griff im besetzten Südlibanon stationiertes israelisches Militär an. Ein Israeli wurde getötet, mehrere verletzt. Israelische Artillerie bombardierte anschließend mehrere Stunden libanesische Dörfer. Mindestens zwei Libanesen wurden verletzt.

Die immer wieder blutig zugespitzte Auseinandersetzung um den israelisch besetzten Südlibanon hatte bereits während früherer Nahostgesprächsrunden zu Konflikten zwischen Israelis, Libanesen und Syrern geführt. Im Laufe der Baker-Rabin Gespräche am Montag, an denen auch Außenminister Peres zeitweise beteiligt war, ließ sich der israelische Premier dazu überreden, in Syrien endlich aktiv in die bilateralen Gespräche einzutreten. Rabin hatte zunächst vor, die Gespräche mit der libanesischen und der syrischen Delegation solange auf Eis liegen zu lassen, bis die Autonomie-Gespräche mit den Palästinensern Früchte getragen haben. Nach Bakers Intervention erklärte er sich auch bereit, vorliegende syrische Vorschläge über die Zukunft des Golan zu prüfen.

Um das syrisch-israelische Verhältnis ging es auch in den Gesprächen zwischen Mubarak und Rabin, die am Vorabend amerikanischer und ägyptischer Gespräche mit Syriens Staatspräsident Assad stattfanden. Nach Bakers Besuch in Damaskus wird Assad nämlich auch in Kairo erwartet. Mubarak zog mit Baker an einem Strang, indem auch er dem israelischen Präsidenten zu Verstehen gab, daß der gesamte Nahostfriedensprozeß zum Erliegen komme, wenn Syrien weiterhin „ausgelassen“ werde. Rabin wird in Kairo als Gegenleistung für die angekündigte Einschränkung der Siedlungspolitik ein Ende des arabischen Wirtschaftsboykotts verlangen. Es ist das erste Zusammentreffen eines israelischen und eines ägyptischen Staatschefs seit sechs Jahren.

Baker wird seinen gestern begonnenen Besuch in Damaskus nutzen, um die syrische Regierung unter Verweis auf Rabins Einlenken von ihrem Boykott der multilateralen Nahostgespräche abzubringen. Wegen des Todes von Assads Mutter wurde sein Zusammentreffen mit dem syrischen Staatschef von gestern auf heute verschoben.

Über das Prozedere während der multilateralen Nahostgespräche, die unter anderem Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Flüchtlinge und der Abrüstung im Nahen Osten behandeln sollen, wurde bereits am Montag in einer israelisch-amerikanischen Expertengruppe beraten. Anscheinend hat sich Israel jetzt bereit erklärt, palästinensische Flüchtlinge zumindest bei diesen Verhandlungen zu dulden. Parallel soll Baker die Palästinenser gestern dazu überredet haben, im Rahmen der Autonomie auf die Wahl einer palästinensischen Legislative zu verzichten.

Zum Thema „Siedlungen“ haben Rabin und Baker Vorabsprachen getroffen, die der israelische Premier während seines für Anfang August geplanten USA-Besuchs mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush weiter präzisieren wird. Klar ist bereits jetzt: einen Siedlungsstopp wird es nicht geben, sondern lediglich eine Einschränkung des Siedlungsbaus. Im Gegenzug für dieses partielle Nachgeben werden die USA einen Teil der Kreditgarantien auf zwei Jahre gewähren. Israel soll sich verpflichten, dieses Geld nicht in den besetzten Gebieten zu verwenden. Bis zu den Bush-Rabin-Gesprächen soll die israelische Regierung eine genaue Aufstellung der im Bau befindlichen Siedlungsprojekte erarbeiten. Baker hat im Gespräch mit Rabin offenbar akzeptiert, daß diese Siedlungen fertiggestellt werden, dafür verwendete öffentliche Gelder sollen aber von den Kreditgarantien abgezogen werden. Rabin hat aber vor allem durchgesetzt, daß die US- Regierung sein Konzept, nämlich die Unterscheidung von „strategischen“ und „politischen“ Siedlungen, akzeptiert. Die Siedlungspolitik könnte folglich eventuell in veränderter Form, nämlich als Bau „strategischer Siedlungen“, in Ostjerusalem, dem Jordantal und entlang der „Grünen Linie“ fortgesetzt werden, ohne daß Israel unbedingt mit weiterem Druck der USA rechnen muß.

Nachdem sie zunächst erklärt hatten, ohne einen Siedlungsstopp sei ihre Teilnahme an den bilateralen Gesprächen äußerst gefährdet, zeigten sich die Vertreter der Palästinenser nach dem Gespräch mit Baker in Jerusalem entgegenkommender: Delegationssprecherin Hanan Aschrawi, erklärte: „Wir haben nicht gesagt, daß wir nur im Falle eines totalen Siedlungsstopps weiterverhandeln werden, aber wir bleiben dabei, daß die Siedlungspolitik mit dem Friedensprozeß inkompatibel ist.“

Dennoch wurden noch keine Absprachen für die bilateralen Gespräche getroffen, die in den nächsten Wochen in Rom wiederaufgenommen werden sollen. Baker hat vorgeschlagen, daß vorher noch eine Sitzungsrunde in Washington stattfindet. Diese Frage wird er auch mit den arabischen Staatschefs erörtern, ebenso wie den Wunsch von Rabin, direkte Gespräche mit ihnen zu führen.