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Streit zwischen UNO und Bagdad wird brisanter

■ Ekeus: Keine Einigung mit irakischem Botschafter/ Bagdad kündigte „endgültige Antwort“ für Sonntag an/ USA schließen „keine Option“ aus/ In Israel wird für alle Fälle über Gefahr irakischer Raketenangriffe und mögliche Reaktion diskutiert

New York/Manila/Tel Aviv (AFP/ taz) — US-Außenminister James Baker hat gestern erneut angedeutet, daß die USA einen militärischen Angriff vorbereiten könnten, falls der Irak im Streit um die Inspektion seines Landwirtschaftsministeriums durch eine UN-Delegation nicht einlenkt. „Es sieht so aus, als ob wir den gleichen Weg wie vorher einschlagen“, sagte Baker in Manila auf die Frage von Journalisten, ob ein neuer Militärschlag gegen den Irak drohe. Die UNO müsse glaubwürdig bleiben, betonte er. Das Verhalten des Irak sei ein weiteres Beispiel für seine Taktik, „zu mogeln und sich dann zurückzuziehen“. Baker war am Samstag zu einem Treffen zwischen Vertretern der ASEAN-Staaten und der EG in der philippinischen Hauptstadt eingetroffen.

Der Irak und die UNO hatten sich trotz ganztägiger Verhandlungen am Samstag nicht auf eine Beilegung ihres Konflikts einigen können. Bagdad habe seine „endgültige Antwort“ auf Sonntag nachmittag verschoben, erklärte der Chef des UN-Inspektorenteams, Rolf Ekeus nach acht Stunden Beratung mit dem irakischen UN-Botschafter Abdul Amir Al-Anbari am Samstag abend. Es seien alle wesentlichen Punkte angesprochen worden, und es werde dazu keine weiteren Diskussionen geben. Ekeus, der sich noch am Vortag zuversichtlich geäußert hatte, zeigte sich am Wochenende wenig optimistisch. Er räumte ein: „Ich hatte das Problem unterschätzt.“ Die USA, Großbritannien und Frankreich haben Bagdad damit gedroht, wie vor dem Golfkrieg ein Ultimatum zu stellen, nach dessen Ablauf ein militärischer Schlag gegen den Irak geführt werden soll. Die US-Regierung wollte nach einer Mitteilung des Weißen Hauses am vergangenen Wochenende noch keine Entscheidung dazu treffen.

El Anbari hatte am Samstag nachmittag erklärt, er habe von seiner Regierung in Bagdad eine „positive Antwort“ auf die jüngsten Kompromißvorschläge im Streit um die UN- Inspektionen erhalten. Es müßten jedoch noch „einige Details“ geklärt werden. Ekeus hatte zuletzt vorgeschlagen, daß verkleinerte Teams von UN-Experten das Landwirtschaftsministerium inspizieren, in dem die UNO Materialien zu den irakischen Waffenprogrammen vermutet. Die irakische Führung lehnt die Inspektion nach wie vor ab, insbesondere aber eine Teilnahme von Amerikanern oder Briten, und forderte Inspektoren aus „neutralen“ Ländern.

Die USA hatten am Samstag zum weiteren Vorgehen gegen das irakische Regime „keine Option“ ausgeschlossen. Bei einem Treffen des sogenannten „Kriegsrates“ von US- Präsident George Bush und seinen wichtigsten Beratern am Samstag vormittag in Camp David fiel allerdings noch keine konkrete Entscheidung, teilte Präsidentensprecher Marlin Fitzwater im Anschluß der Presse mit. „Wir diskutieren diese Frage weiter mit dem Sicherheitsrat der UNO“, und mit den Verbündeten der Vereinigten Staaten, erklärte Fitzwater. Für das Wochenende war keine weitere Sitzung des Gremiums geplant. Bush ist ins Weiße Haus zurückgekehrt, um wie geplant Anfang der Woche zu einer Wahlkampfreise nach Michigan und Wisconsin aufbrechen.

In Israel wird die Möglichkeit eines erneuten Angriffs auf Bagdad bereits mit Blick auf die Folgen für die eigene Sicherheit diskutiert. Neuerliche Raketenangriffe des Irak auf Israel werden in diesem Falle nicht ausgeschlossen. Obwohl man eine erneute militärische Zuspitzung des Konfliktes zwischen der UNO und dem Irak noch am Wochenende weitgehend ausschloß, wird zwischen Washington und Westjerusalem die Frage der israelischen Reaktion erörtert. Aus den USA wurde signalisiert, daß man diesmal von Israel keine Passivität verlangen würde. Denn anders als während des Golfkrieges gäbe es diesmal keine Allianz mit arabischen Staaten gegen den Irak, die durch ein militärisches Eingreifen Israels gefährdet würde. Das israelische Verteidigungsministerium hat offenbar bislang keinerlei Vorkehrungen für den Fall einer militärischen Zuspitzung der Krise getroffen. A.W./N.C.

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