Honeckers in Berlin!

■ Alarmplan der Berliner Polizei schlug fehl/ Scheinbar unbemerkt leben die Honeckers in der Hauptstadt

Berlin. Nachdem es seit Monaten in der Gerüchteküche um die Rückkehr des ehemaligen DDR-Staats- und Parteichefs Honecker brodelte, weiß die taz jetzt mit Gewißheit: Die Honeckers sind in der Stadt! Obwohl seine Rückkehr am vergangenen Wochenende nur um Haaresbreite gescheitert sein muß — laut Deutscher Presse-Agentur hatte die Berliner Polizei einen Alarmplan ausgearbeitet, nach dem Honecker am Samstag um acht Uhr in Tegel hätte landen und danach dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden sollen —, sind er und seine Frau bereits in Berlin.

Die taz sprach gestern mit seiner Gattin: »Uns interessiert der ganze Rummel um Rückkehr und Anklage überhaupt nicht.« Am späten nachmittag dann hatte die taz Herrn Honecker am Telefon. Er meldete sich ganz locker mit einem »Hallo«, weil »manchmal Tag und Nacht Beschimpfungsanrufe eingehen«. Jetzt überlegt er, sich eine andere Nummer zuzulegen.

Auch Herr I.-D. Honecker aus Lichtenrade wünscht sich einen anderen Telefonanschluß. Er ist einer der zehn im Berliner Telefonbuch eingetragenen Namensvettern des ehemaligen DDR-Staatschefs, die nicht mit ihm verwandt sind. Auch nicht, wenn sie wie I.-D. Honecker aus Lichtenrade im Saarland geboren wurden. Frau Honecker aus Marzahn lebt mit ihrem Mann und dessen Familiennamen »wie jeder normale Mensch auch«. Ihr Mann gibt aber wegen der vielen Anrufe keine Auskunft. Positivere Erfahrungen macht das Ehepaar Honecker, das im Wedding ein Geschäft für Friseurbedarf betreibt. Nach einigen Drohanrufen nach der Wende wird Herr P. Honecker nun im Ostteil »liebevoll Honni genannt«.

Ganz so liebevoll wird mit dem richtigen Honecker nicht umgegangen. Nachdem der CDU-Bundestagsabgeordnete Lummer vorgestern erst (die taz berichtete) die Abschaffung des Asylgrundrechts forderte, sprach er sich gestern dafür aus, Erich Honecker »wegen Mordes und nicht wegen Totschlags« anzuklagen. wahn