piwik no script img

Hamburgs Miethaie können weiter kassieren

■ Keine Verstärkung der Wohnungsämter in Sicht / Umfrage von Mietervereinen ergab: Überhohe Mieten gang und gäbe

/ Umfrage von Mietervereinen ergab: Überhohe Mieten gang und gäbe

In Hamburg dürfen sich Mietwucherer weiterhin ungestört tummeln — auf die vielfach geforderte Personalverstärkung in den Wohnungsämtern müssen die MitarbeiterInnen der Bezirksämter offenbar noch lange warten.

Einen halbherzigen Vorstoß zur Einführung einer „Mieterpolizei“ hatte Bausenator Eugen Wagner Anfang des Jahres unternommen: Mit sechs zusätzlichen Stellen wollte er der Mietpreistreiberei ein Ende setzen. Eine Scheinmaßnahme, so hatten damals die Mietervereine Wagners Treiben kommentiert. Bei 370000 zu überprüfenden Wohnungen in der Hansestadt könnten sechs Mitarbeiter wenig ausrichten. Doch der Senat konnte sich nicht einmal zu dieser Demonstration des guten Willens durchringen, die Senatsdrucksache wurde umgehend ins Haus Wagner zurückgeschickt. Grund: Mit heißer Nadel gestrickt und zuviel offene Fragen.

Ein Sinneswandel hat sich aber offenbar in der Senatsriege auch bis zu den Haushaltsberatungen nicht vollzogen: „Die Aufstockung dieser Stellen hat in den Beratungen keine Rolle gespielt“, erklärte Senatssprecher Franz Klein auf Nachfrage. Ein Umstand, der von MitarbeiterInnen in den Bezirksämtern mit einem resignierten: „War auch nicht anders zu erwarten“ aufgenommen wird. Heftiger reagierte dagegen Eckard Pahlke, der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg: „Es ist einfach ein Skandal, wie der Senat angesichts der Wohnungsnot den Kopf in den Sand steckt.“

Vor zwei Monaten hatte der Mieterverein gemeinsam mit „Mieter helfen Mietern“ (MhM) eine Fragebogenaktion zum Thema Mietwucher gestartet. 745 Antworten gingen ein, in 310 Fällen erwiesen sich die Mieten als „heftig überhöht“, berichtet Karin Asmussen von MhM. Bei 41 Prozent lag eine Mietüberhöhung, bei 55 Fällen sogar der Straftatbestand des Mietwuchers (mehr als 50 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete) vor. „Jetzt beginnt der härteste Teil der Arbeit“, stöhnte Pahlke: Die geschädigten MieterInnen müßten überzeugt werden, ihre Vermieter anzuzeigen.

„Die Leute haben Angst, ihre Wohnung zu verlieren“, schildert auch der Mitarbeiter eines Wohnungsamts seine Erfahrung, „die akzeptieren heute fast alles und halten still.“ Aus diesem Grund verzeichneten die meisten Ämter sinkende Fallzahlen — nur zehn Menschen suchten in diesem Jahr im Bezirk Altona Hilfe. Mangel herrscht nach Ansicht der Mitarbeiter im Amt vor allem an juristischen und bautechnischen Sachverständigen. „Natürlich könnten wir hier aktiver werden“, so die Auffassung der Sachbearbeiter, „aber dazu fehlt uns das Personal.“ Sannah Koch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen