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VS bespitzelte Spitzenpolitiker

Magdeburg (taz) — Der stellvertretende Regierungschef und Umweltminister von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Rauls (FDP), ist vom Verfassungsschutz bespitzelt worden. Das berichtet Der Spiegel. Mehrfach habe Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Werner Münch (CDU) seinen Stellvertreter mit „Erkenntnissen“ des Amtes konfrontiert.

Münch selbst bestreitet dem Spiegel zufolge, die Observation seines Stellvertreters selbst in Auftrag gegeben zu haben. Die Hinweise seien ihm auf dem normalen Dienstweg übermittelt worden. Als Münch seinen Vize erstmals vor rund einem Jahr die Dokumente vorgehalten habe, hatte Rauls schon damals darauf verwiesen, daß er beruflich, als Kulturfunktionär in Magdeburg, gelegentlich mit der Staatssicherheit zu tun gehabt habe. Daß daran nichts Bedenkliches sei, habe ihm frühzeitig die Gauck-Behörde bestätigt.

Münch habe Rauls später erneut mit den „Erkenntnissen“ konfrontiert, diesmal über Kontakte des Umweltministers zu dem Frankfurter Sicherheitsberater und Ermittler Klaus-Dieter Matschke. Matschke, früher MAD-Agent, war vom ersten Sachsen-Anhaltiner Umweltminister Wolfgang Braun (heute DSU) unter dubiosen Umständen zum Kriminaloberrat und Sicherheitsberater der Landesregierung berufen und kurze Zeit später wieder gefeuert worden. Woher die Geheimdienstinformationen über Rauls stammen, was sie genau enthalten und wer sie in Auftrag gab, erfuhren die FDP-Spitzenpolitiker ebensowenig wie Rauls selbst.

Fest steht aber dem Spiegel zufolge, daß beim niedersächsischen Verfassungsschutz Informationen über Rauls vorliegen, die die Behörde sofort nach Köln zum Bundesamt weitergeleitet hat. Allerdings sollen diese Informationen und Hinweise erst im September 1991 in Hannover aufgetaucht und anschließend weitergeleitet worden sein. Münch hat aber im August seinen Stellvertreter auf „einschlägige Hinweise“ angesprochen. Sollte sich herausstellen, daß Münch entgegen seiner Beteuerungen in die Ausspähaffäre um Rauls verstrickt wäre, so zitiert das Blatt den FDP-Fraktionschef Hans-Herbert Haase, „wäre das eine folgenreiche Angelegenheit“. Eberhard Löblich

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