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Fahrradreise mit Kind und Kegel

■ Was kann kleineren Kindern beim Urlaub auf zwei Rädern zugemutet werden, und haben sie Spaß daran? taz-Redakteurin Vera Stadie hat es ausprobiert und die besten Erfahrungen gemacht

„Die armen Kinder“, sagt der Autoreisende, der in Gelting auf die Fähre wartet. Sein Mitleid gilt Philipp (6) und Marlene (7), die gegen den Wind auf ihren Fahrrädern zum Anleger strampeln. Die beiden haben die Bemerkung wohl gehört, würdigen den Sprecher aber keines Blickes und radeln hoch erhobenen Hauptes an der Autoschlange vorbei. Sie haben einen Grund, stolz zu sein, denn schließlich haben sie zwei volle Packtaschen von je vier Kilogramm auf dem Gepäckträger.

Ein bißchen skeptisch und aufgeregt sind wir Mütter schon beim Aufbruch in unseren Fahrrad- und Zelturlaub, denn die Jungradler sind noch Anfänger, und wir haben, wie die Kinder sagen, unser Haus samt Betten und Küchen dabei. Auf der Fähre von Gelting nach Faborg stellen wir erleichtert fest, daß wir nicht die Einzigen sind, die so auf Tour gehen. Ganze Sippen von Fahrradreisenden sind in der „dänischen Südsee“ unterwegs, mit Kind und Kegel. Wir mustern neidisch die tollen Anhänger der dänischen Radler. So einen wollen wir im nächsten Jahr auch haben statt des Turmbaus auf dem Gepäckträger, lautet der Beschluß.

Damit wir auch merken, daß wir in Dänemark angekommen sind, gibt's in Faborg erstmal eine Runde Hot Dogs. Wir haben die erste Strecke auf einer vielbefahrenen Straße hinter uns gebracht, mit ständigen Rufen zu den Kindern: „Rechts fahren und nicht schlenkern!“ Die Angst, daß sie unter die Räder geraten, verläßt uns erst auf der Insel Aerö. Dort gibt es ausgeschilderte Radwanderwege auf kleinen Straßen, wo kaum ein Auto

1fährt. Sie führen vorbei an Windmühlen, kleinen bunten Häusern und alten Gutshöfen, und immer wieder gibt es wunderschöne Ausblicke über die Felder aufs Meer.

Nach einer Probefahrt von zehn Kilometern zum Leuchtturm an der Nordspitze der Insel nehmen wir am nächsten Tag eine längere Strecke in Angriff und steigern uns im Laufe der Woche auf 30 Kilome-

1ter pro Tag. Das Radeln macht immer mehr Spaß, trotz Gepäck, steiler Hügel und Gegenwind. Philipp und Marlene sind begeistert. Den schönsten aller Zeltplätze finden wir beim Bauern, der uns für ein paar Mark einen idyllischen Privatstrand mit Plumpsklo vermietet. Die Kartoffeln zum Rösten im Feuer kriegen wir dazu, und die Kinder nimmt er mit zum Fischen.

1Die nächste Insel ist Langeland. Dort herrscht etwas mehr Autoverkehr, aber es gibt auch ausgeschilderte schöne Radrouten. Als wir nach zwei Wochen zurückfahren müssen, sind wir eher in der Stimmung, nun ganz Dänemark auf zwei Rädern zu erobern und schmieden zum Trost Pläne fürs nächste Jahr. Die „armen Kinder“ freuen sich schon darauf.

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