piwik no script img

Die schwule Alternative zum Ehering: eine Halskette

Über 1.000 lesbische und schwule Paare haben seit 1989 in Dänemark ihre Partnerschaft registrieren lassen/ Adoptionsrecht gefordert  ■ Aus Kopenhagen Niels Rohleder

In Dänemark können lesbische und schwule Paare seit dem 1.Oktober 1989 ihre Partnerschaft auf dem Standesamt registrieren lassen. 749 schwule und 265 lesbische Paare haben bis Ende 1991 diese Möglichkeit in Anspruch genommen. Sie werden dann im Erb-, Steuer- und Mietrecht, bei Sozialleistungen, der Rente und der Unterhaltspflicht heterosexuellen Ehepaaren gleichgestellt. Adoptionen sind allerdings ausdrücklich ausgeschlossen. Nur zwei Paare haben bisher die „Scheidung“ eingereicht.

Für die Standesämter ist die Regelung mittlerweile Routine. „Natürlich“, sagt die Vorsitzende des Landesverbandes der Lesben und Schwulen (LBL), Else Slange, „spürten wir am Anfang eine gewisse Trägheit in der öffentlichen Verwaltung, aber auf direkten Widerwillen sind wir selten gestoßen.“ In den ersten Monaten nach Verabschiedung des Gesetzes konnte man auf vielen Formularen nur „verheiratet“ oder „ledig“ ankreuzen. Als der Landesverband nachhakte, kam die Rubrik „lebe in registrierter Partnerschaft“ dazu. Nur ein paar Gemeinden mußten gezwungen werden, das Gesetz einzuhalten.

So weigerte sich im Kopenhagener Vorort Vallensbäk der konservative Bürgermeister zunächst, Homosexuelle als Partner zu registrieren. Und in der idyllischen Kleinstadt Ebeltoft in Jütland wurden Lesben und Schwule nicht wie heterosexuelle Brautpaare in einem kleinen malerischen Saal empfangen, sondern in einem weit weniger romantischen Zimmer.

Manche Lesben und Schwule übernehmen heterosexuelle Bräuche und bewerfen die Frischregistrierten vor den Standesämtern mit Reis. „Aber es gibt auch Paare, die versuchen, neue Traditionen einzuführen“, erzählt Else Slange. „Statt Ringe schenken sie sich Halsketten oder ähnliches.“

Die Motive Homosexueller, sich registrieren zu lassen, sind vielfältig. „Vielen geht es darum, einander ökonomisch abzusichern — und zwar so viel wie möglich und so einfach wie möglich“, sagt Else Slange. Anderen geht es — meint sie — um „das Erlebnis einer gesellschaftlichen Anerkennung“. Dieses Bedürfnis haben wohl vor allem Paare in ländlichen Gegenden. Viele Homosexuelle in Dänemark befürworten zwar grundsätzlich die Möglichkeit, sich registrieren zu lassen — lehnen dies für sich persönlich aber ab. Das gilt auch für Else Slange, die sich und ihre Partnerin schon lange vor dem Partnerschaftsgesetz „durch ein Testament abgesichert hat“.

Vor allem Schwule haben von dem neuen Gesetz Gebrauch gemacht. „In der Frauenbewegung — wo ich herkomme — gibt es eine deutliche Skepsis gegenüber der Institution der Ehe. Und diese Skepsis wird zum Teil auf die registrierte Partnerschaft übertragen“, sagt die Vorsitzende des Landesverbandes.

Als nächstes soll nun das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule erkämpft werden. Bei einem Hearing in Kopenhagen im Dezember 1991 schlug der Verband als ersten Schritt vor, daß Kinder des Partners oder der Partnerin adoptiert werden können. Eine Adoption von Waisen aus dem Ausland halten selbst linke und liberale Politiker in absehbarer Zukunft für unrealistisch: „Das Ausland würde keine Kinder mehr zur Adoption freigeben, wenn wir in Dänemark ein Adoptionsrecht für registrierte homosexuelle Paare einführen würden“, befürchtete die Volkssozialistin Ebba Strange auf dem Hearing.

Eine weitere Hürde für lesbische Paare mit Kinderwunsch ist, daß nicht alle Krankenhäuser einer künstlichen Befruchtung zustimmen. Die Entscheidung liegt bei den Krankenhäusern selbst. Lesben, deren örtliche Krankenhausleitung eher konservativ ist, müssen entweder für viel Geld in eine Privatklinik — oder per Inserat nach einem Samenspender suchen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen