DER UNTERGANG DES HAUSES WINDSOR Von Ralf Sotscheck

Der britischen Königin ist der Urlaub in ihrem schottischen Schloß Balmoral gründlich versaut. Nachdem seit Wochen täglich neue Geschichten aus dem Intimleben ihrer beiden Schwiegertöchter auftauchen, bleibt nun selbst ihre Mutter nicht mehr verschont: Die Greisin, der die Öffentlichkeit längst einen Heiligenschein verpaßt hat, soll vor 50 Jahren ein Mensch wie du und ich gewesen sein. Die Queen habe deshalb Premierminister John Major zu sich bestellt, heißt es. Vermutlich soll ihr der gräuliche Meister der Unauffälligkeit verraten, wie er es schafft, trotz seines hohen Amtes von der Presse ignoriert zu werden.

Der königliche Dauerskandal hat nämlich weniger mit einer plötzlichen Explosion der Triebe im Buckingham-Palast als vielmehr mit sinkender Auflage der Boulevardblätter zu tun. Der Pressekrieg wurde vor zwei Wochen vom Daily Mirror eröffnet, der tief in den roten Zahlen schwimmt, seit sein Verleger Robert Maxwell über Bord gegangen ist — und mit ihm die Pensionskasse. So kamen dem Mirror die Fotos der barbusigen Fergie, Herzogin von York, und ihres Finanzberaters John Bryan gerade recht. Nichts lieben die BritInnen mehr als Enthüllungen über sexuelle Perversionen, solange man sich das eigene Laken dabei nicht schmutzig machen muß. Die Volksseele ist sich einig: Es ist der Gipfel der Perversion, daß sich die Herzogin von Bryan die Füße küssen ließ.

Die Antwort von Rupert Murdochs Sun erfolgte postwendend. Das Schmierenblatt veröffentlichte am nächsten Tag die Abschrift eines Telefongesprächs, das Prinzessin Diana angeblich mit dem Autohändler James Gilbey geführt hat. Die Sun hat eigens eine „Dianagate“-Telefonleitung eingerichtet, auf der die 23minütige Turtelei in voller Länge zu hören ist. 72.000 LeserInnen machten schon am ersten Tag Gebrauch davon. Der Versuch, Gilbey zu interviewen, ging allerdings schief: Der Sun-Reporter raste frontal in Gilbeys Auto und mußte ins Krankenhaus eingeliefert werden. Doch damit nicht genug: In dieser Woche will das Blatt Fotos veröffentlichen, auf denen eine bekleidete Diana und ihr Reitlehrer James Hewitt mit nacktem Oberkörper zu sehen sind. Umgekehrt hätte es den Fotografen zum Millionär gemacht. Hewitt ist nicht nur „Held des Golfkriegs“, sondern auch romantisch: Er hatte damals seinen Challenger- Panzer nach dem Lieblingskleid der Prinzessin „Blue Velvet“ getauft. Die irakische Zivilbevölkerung wird es mit Rührung vernehmen.

Da hatte die Volksoma Nummer eins, die Königinmutter, einen besseren Geschmack bewiesen. Das königliche Fossil soll sich während des Zweiten Weltkriegs mit einem 20jährigen Soldaten vergnügt haben, behauptete das Socialist Magazine in der vergangenen Woche. Der Toyboy war Mitglied der Kommunistischen Gesellschaft an der renommierten London School of Economics. Da er noch immer „mitten im akademischen Leben“ stehe, halte man seinen Namen geheim. Die taz hat ihn freilich längst: Eric Hopsbaum oder so ähnlich.

Und der Queen steht weitere Unbill ins Haus: Ende September veröffentlichen Nigel Blundell und Sue Blackhall ihr Buch „The Fall of the House of Windsor“, das sich vor allem auf Prinz Philip konzentriert. Er soll im Mittelpunkt des „Skandals aller Skandale“ stehen, der alle bisherigen Enthüllungen in den Schatten stellt. Hat er es etwa mit den königlichen Corgi-Hündchen seiner Gattin getrieben?