: Tadschikischer Präsident geflohen
■ Bewaffnete DemonstrantInnen besetzten Präsidentenpalast/ Opposition fordert: Sofortigen Rücktritt Rachmon Nabijews/ Bei blutigen Kämpfen im Süden Tadschikistans letzte Woche 180 Menschen getötet
Moskau (AFP/taz) — Wie sich die Bilder gleichen. Bereits im Mai dieses Jahres war der tadschikische Präsident Rachmon Nabijew vor der demokratisch-islamischen Opposition geflohen. Während er sich bei den altkommunistischen Stammesfürsten Chodschents (ehemals Leninabad) in Sicherheit währte, demonstrierten und feierten Zehntausende im Zentrum Duschanbes. Laut hallten ihre Forderungen nach einem „islamischen Staat“ durch die Straßen der Hauptstadt.
Seit gestern ist der Veteran, ein Überbleibsel aus Breschnews Zeiten, schon wieder nach Unbekannt verschwunden. Klammheimlich machte sich der Präsident aus seiner privaten Residenz in Duschanbe davon, nachdem am Vorabend Hunderte von bewaffneten Demonstranten den Präsidentenpalast umstellt, dann von der Polizei hineingelassen wurden und 40 Regierungsfunktionäre als Geiseln genommen hatten.
Die Forderung der Oppositionellen: Rachmon Nabijew müsse nun endgültig zurücktreten, nachdem er nicht willens oder in der Lage sei, die blutigen Unruhen in den Regionen Kulian und Kurgan-Tiube zu beenden. Bis zu den geplanten Parlamentswahlen am 13. Dezember solle das Land von einem „Regierungsrat“ geführt werden, dem auch Mitglieder der Opposition angehören.
In Kulian und Kurgan-Tiube, im Süden Tadschikistans, kämpfen seit Monaten prokommunistische Gruppen gegen die im Frühjahr gebildetete Koalitionsregierung unter Nabijew. Nach Angaben des Innenministeriums stehen sich insgesamt 20.000 bewaffnete Personen gegenüber. Dutzende Menschen sind bei den Kämpfen bereits ums Leben gekommen.
Um auf ihre Situation aufmerksam zu machen, hatten sich am Montag Flüchtlinge aus dieser Region vor dem Präsidentenpalast versammelt. Später schlossen sich ihnen Oppositionelle an, die dem Aufruf der „Jungen Bewegung von Duschanbe“, einer Organisation von Aktivisten der demokratischen und islamistischen Opposition, gefolgt waren.
Die Gruppierung war am Freitag erstmals in Erscheinung getreten, als sie der tadschikischen Regierung ein dreitägiges Ultimatum gestellt hatte, das am Montag ablief. Darin wurde die sofortige Beendigung des Blutvergießens in Tadschikistan oder aber der Rücktritt Nabijews gefordert. Nach Angaben der Opposition sind am vergangenen Donnerstag bei einem Angriff prokommunistischer Partisanen auf die südtadschikische Stadt Kurgan-Tjube 180 Menschen getötet worden. BZ
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