: Neue Jugoslawien-Verhandlungen
■ Zweite Runde der Jugoslawien-Konferenz in Genf/ Hilfsflugzeug nach Sarajewo abgestürzt
Genf/Sarajevo (taz/afp) — „Mein Mitpräsident Cyrus Vance und ich haben uns beim Frühstück darauf geeinigt, daß diese Veranstaltung den offiziellen Namen – Internationale Konferenz über das ehemalige Jugoslawien – hat.“
Diese Mitteilung von David Owen war mit Abstand das konkreteste Ergebnis beim ersten Tag der Genfer Nachfolgeberatungen zur Londoner Konferenz. Gestern tagte zunächst nur der 17köpfige Leitungsausschuß. In ihm sind vertreten die fünf Mitgliedsstaaten des UNO-Sicherheitsrates, die Troika der EG (Großbritannien, Portugal, Dänemark) und der KSZE (Deutschland, CSFR, Schweden), die Nachbarländer der Konfliktregion Rumänien und Italien, Senegal in Vertretung der islamischen Länder sowie Owens Vorgänger Lord Carrington in persönlicher Kapazität.
Der Leitungsausschuß diskutierte gestern vor allem das Arbeitsprogramm für die nächsten Wochen und Monate. Ab morgen sollen sechs Arbeitsguppen zu Fragen der Menschenrechte, der Situation in Bosnien-Herzegovinas und zur Lage ethnischer Minderheiten sowie zu wirtschaftlichen Problemen und zur Nachfolgeregelung für das bisherige Völkerrechtssubjekt Jugoslawien tagen.
Fortschritt in diesen Arbeitsgruppen hängt wesentlich von der Teilnahme der Konfliktparteien ab. Es ist noch unklar, wer überhaupt wann in Genf erscheint. Owen rechnet damit, daß die Arbeitsgruppe über eine nachfolgeregelung zu Jugoslawien am Montag unter Teilnahme von Vertretern aller ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken ihre Arbeit aufnehmen kann.
Am Wochenende wird in Genf der UNO-Beauftragte Marek Goulding erwartet, der derzeit in der Konfliktregion weilt. Goulding soll berichten, inwieweit die Vereinbarung zur Überstellung schwerer Waffen an die UNO-Truppen bisher umgesetzt wurden.
Ein italienisches Flugzeug der internationalen Luftbrücke für Sarajevo ist gestern nachmittag mit acht Insassen an Bord 30 Kilometer westlich der bosnischen Hauptstadt abgestürzt. Über eventuelle Todesopfer und die Absturzursache wurde zunächst nichts bekannt.
In einer ersten Stellungnahme sagte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs, Francois Giuliani, in New York, die UNO gehe nicht davon aus, daß der Absturz durch militärische Aktivitäten abgestürzt sei. Nach Bekanntgabe des Unglücks wurde die Luftbrücke nach Sarajevo ausgesetzt.
Unterdessen mehrten sich in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo gestern die Anzeichen dafür, daß die serbischen Belagerer ernsthaft beabsichtigen könnten, ihre Bombardements einzustellen.
Beobachter der Vereinten Nationen begannen mit der Kontrolle der in den Hügeln um Sarajevo stationierten schweren Geschütze der Serben. Die Artillerieangriffe wurden in der Nacht und am Donnerstag vormittag ausgesetzt. Auch Radio Sarajevo meldete keine neuen Kämpfe um die Stadt.
UNPROFOR-Kreisen zufolge begannen die Serben damit, Panzer, Mörserwerfer und Geschütze über 82 Millimeter an elf Punkten im Umkreis der Stadt zusammenzuziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen