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Bremer Jusos debattieren Austritt

■ Juso-Landeskonferenz für Art. 16 / Vergebliche Suche nach Alternativen

„Wenn Artikel 16 fällt, bin ich nicht mehr Mitglied dieser Partei“, rief Sabine Dieringhoff, die Vorsitzende des Juso-Unterbezirks Bremen-West, am Samstag Nachmittag im großen Saal des Jugendfreizeitzentrums Findorff. Kurzfristig hatte die Landesorganisation den SPD-Nachwuchs eingeladen, um angesichts des am kommenden Samstag anstehenden Landesparteitages noch Druck zu machen. 20 Jusos waren gekommen. „Die letzten Symbole sozialdemokratischen Politik werden jetzt über Bord geworfen“ resümierte Claus Ludwig, Juso-Mitglied aus dem UB Bremerhaven die Haupttendenz der Mutterpartei.

Die anwesenden Jungsozialisten waren entschlossen, die jüngste programmatische Entwicklung ihrer Mutterpartei nicht hinzunehmen: Artikel 16 des Grundgesetzes muß bleiben, Blauhelm-Einsätze deutscher Soldaten sollen abgelehnt werden.

Carmen Emigholz, Bremer Landesvorsitzende der Jusos, pragnerte „die Machtversessenheit und Selbstherrlichkeit der Parteispitze und Führungsgremien“ an. Traditionelle Grundsatzpositionen würden fallengelassen, so Emigholz, um „Rot- Schwarz regieren zu können.“

Die Bremer Jusos befürchten dabei, daß die Position des Bundesvorstands mehrheitsfähig sein könnte: „Engholm wußte, was er tat und daß er auf Mehrheiten für die neue Politik in seiner Partei setzen kann“, meinte Claus Ludwig. Engholm erhofft sich auch, so analysieren die Jusos, Wählerstimmen von dem Kurswechsel der Mutterpartei. Die sei „dem Populismus erlegen,“ diagnostizierte Carmen Emigholz. Die auf dem Petersberg befaßten Beschlüsse zur Inneren Sicherheit „könnten auch von der CDU stammen“, formulierte Carmen Emigholz. Die Bestimmung der Rolle des Staates sei „eindeutig liberalistisch“, fand Gerald Wagner vom UB-West.

Nach dieser Bilanz sahen sich die Jusos vor die Frage gestellt: Parteibücher abgeben, um „ein politisches Signal“ zu setzen? (Ronald Gotthelp, UB Bremerhaven) „Das geht der Partei doch am Arsch vorbei“, formulierte drastisch Claus Ludwig seine Einschätzung dazu. Ronald Gotthelp fand, die PDS sei keine Alternative, zeigte sich aber einem Wechsel zum Bündnis 90 nicht abgeneigt. Doch für die Landesvorsitzende blieb das unvereinbar mit ihrem „politischen Selbstverständnis“.

„Unbeeindruckt“ und resigniert dagegen gab sich Jörg Dehmel von den neuesten Entwicklungen: „Das sind doch alte Tendenzen, ohne neue Qualität“, eine Alternative „links von der Partei“ gebe es nun mal nicht. In „marginalisierten Splittergruppen mit viel Freizeit und ohne Einfluß“ wolle er nicht enden. „Unsere Reaktion wäre defensiv“, unterstützte Claus Ludwig diese Einschätzung. „Wir müssen es schaffen, uns gegen den Kurswechsel zu wehren“, versuchte die Landesvorsitzende ihre GenossInnen zu motivieren. Daß das gelingen könnte, bezweifelte ihrerseits Sabine Dielinghoff: „Selbst bei uns gibt es Gerangel in der Position um Asylpolitik“, stellte sie fest und machte damit deutlich, daß auch innerhalb der Juso-Unterbezirke der Kurs von Engholm hin und wieder Unterstützung findet.

Gegen eine Änderung des Artikel 16 stimmten schließlich 17 der 20 anwesenden Juso-VertreterInnen, drei enthielten sich. Und warum waren nicht mehr gekommen, sich auf den großen Streit mit dem kommenden Landesparteitag vorzubereiten? „Unsere Studenten sind noch in den Ferien“, erklärte die Landesvorsitzende Carmen Emigholz die leeren Stuhlreihen. M.B.

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