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ÖKOLOGISCHESBEWUSSTSEINGrün zieht den Nachwuchs an

■ Jungmanager mit guten Marktchancen lassen ihre Finger von Firmen mit ökologisch zweifelhaftem Ruf

Großkonzerne, die ökologisch zweifelhaft produzieren, werden künftig Probleme haben, den geeigneten Führungsnachwuchs zu rekrutieren. Auch wenn bisher keine empirischen Untersuchungen zur ökologisch orientierten Jobentscheidung des Führungsnachwuchses vorliegen, erklären Consulting-Firmen übereinstimmend: Qualifizierte Führungskräfte, die zwischen mehreren Jobs auswählen können, ziehen den Ökologie-Bewußtesten vor. „Zu einer Firma, die ökologisch bedenklich produziert, geht man nicht hin, weil sie keine Zukunft hat“, unterstreicht Heiko Mell von der Personal-Beratungs-Firma MCC. Aber nicht nur ökonomische und Karriereerwägungen spielen eine Rolle, erklärte Headhunter Mell. „Umweltschutz ist an die Stelle von anderen Dingen getreten. Vor zehn bis 15 Jahren wollte jeder junge Ingenieur zu Porsche.“ Umweltschutz ist sexy geworden.

Unaufgeforderte Bewerbungen sind ein wichtiger Indikator für die Bedeutung des ökologischen Profils von Unternehmen für den interessierten Nachwuchs. Christoph Burmann vom Institut für Marketing an der Universität Münster hat bei einer Untersuchung in den Personalabteilungen von Großfirmen festgestellt, daß das Interesse der Bewerber für das ökologische Profil der Firmen deutlich steigt. „Es gibt aber noch viel zu wenige positive Beispiele. Außerdem muß ein Unternehmen schon mehrere Jahre so ökologisch arbeiten, damit sich ein wahrnehmbares Profil herausbilden kann.“

Klaus Günther, Vorsitzender von „future“, einem Verein ökologisch gesinnter Manager, geht seit Jahr und Tag mit demselben Beispiel hausieren. Er habe in einer westfälischen Kleinstadt bei einem mittelständischen Verpackungshersteller gearbeitet, der immer Personalprobleme hatte. „Da gab es kein attraktives Großstadtleben und drei größere bekanntere Unternehmen am Ort. Sowohl die Auszubildenden als auch Akademiker bewarben sich häufig erst woanders. Wenn sie dann dort durchgefallen waren, kamen sie zu uns.“ Nachdem die Firma ihr ökologisches Profil geschärft habe, sei es ihr gelungen, qualifizierte Chemiker, Ingenieure und Diplomkaufleute anzuwerben, die explizit das in Wirtschaftsblättern vermittelte ökologische Image als Bewerbungsgrund genannt hätten.

Wichtig ist dabei nicht nur das Image der einzelnen Firma, sondern auch das der gesamten Branche. „Ingenieure drängen heute nicht mehr zu Siemens/KWU Kraftwerksbau, sondern zu den großen Entsorgungsfirmen“, hat Georg Wiedemann vom ökologischen Unternehmerverband B.A.U.M. beobachtet. Dieser Trend zeige sich seit einigen Jahren.

Der größten Industriebranche laufen die Jungmanager weg

Schon 1989 wollten Betriebswirtschaftslehre- StudentInnen (BWL) nach Studienabschluß nicht mehr in der chemischen Industrie arbeiten. Nur drei Prozent von 504 Jungmanagern in spe, die von der Düsseldorfer Consulting-Firma Apitz- Image Strategie befragt wurden, konnten sich noch für diese Branche erwärmen. Damit läuft die Creme der Jungmanager offenbar einer der größten Industriebranchen davon. 41 Prozent der Befragten dagegen wollten gerne in ihrem zukünftigen Beruf mit Umwelttechnologie zu tun haben. Gleichzeitig kam bei dieser bislang einmaligen Umfrage heraus, daß sich 86 Prozent der BWL-StudentInnen für umweltbewußter hielten als der Durchschnittsbürger. 39 Prozent verzichteten weitgehend auf Kunststoffverpackungen. Auf die Frage, welche Unternehmen ihnen beim Stichwort Umweltskandale einfielen, waren unter den zwölf meistgenannten Firmen acht Chemiekonzerne.

Auch Consulting-Chef Mell sieht einen deutlichen Trend. Gerade die jungen Leute, die frisch von der Universität kommen, seien „anfällig für solche Gedanken“. Zehn bis vierzig Prozent eines Jahrgangs seien ökologisch begeisterungsfähig. Das gehe sogar so weit, daß sie sagten, „ich gehe nur zu einer Firma, deren Produkte man wirklich braucht“.

B.A.U.M.-Mitarbeiter Wiedemann glaubt, daß diese Präferenzen der Jungakademiker schon heute durchschlagen. Die Image-Kampagne der Chemieindustrie richte sich auch auf die Personalpolitik. Doch Kampagnen allein werden nicht genügen: „Die Zeiten des Öko-Marketings sind vorbei“, ist Umweltmanager Günther überzeugt. „Jetzt steht das Management der Öko- Krise an. Dazu gehören die Verordnungen genauso wie die Veränderungen des Konsumverhaltens.“

Günther steht mit seiner Meinung nicht allein. Die große Unternehmensberatungsgesellschaft Kienbaum und Partner haut in dieselbe Kerbe: In der Chemieindustrie gebe es den größten Handlungsbedarf bei der ökologischen Qualifizierung von Managern. „Die Nutzung umweltfreundlichen Geschäftspapiers reicht allein sicher nicht aus.“ Kienbaum-Experte Walter Jochmann wird noch deutlicher: „Unternehmen werden dann die besten Mitarbeiter an sich binden können, wenn sie der Erhaltung unserer Umwelt höchstes Augenmerk widmen.“

Selbst beim klassischen Head-Hunting, beim Einkauf von Spitzenmanagern, haben die Dreck- Konzerne das Nachsehen. Manager mit guten Marktchancen lassen ihre Finger von Firmen mit ökologisch zweifelhaftem Ruf. Auch nicht ökologisch gesinnte Köpfe würden inzwischen ganz kühl die Marktchancen analysieren und nicht in solche Sackgassen rennen. „Wenn jemand aber Ende vierzig ist und seine letzte Chance sieht, Geschäftsführer zu werden, wird er weniger penibel danach fragen“, so ein Insider.

Bei staatlichen Stellen wird die interessante Entwicklung bisher noch mit wenig Nachdruck verfolgt. Empirische Studien über den Zusammenhang von ökologischem Profil einer Firma und Interesse bei Bewerbern gibt es weder beim Umweltbundesamt (UBA) noch beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit. Brigitte Kayser vom UBA stellt zwar fest, „daß sich immer mehr Berufsanfänger und Schulabgänger für Umweltschutz interessieren“, aber für die genauere Analyse gebe es bisher kein Geld. Immerhin hat das Amt aber einen Ausbildungsführer „Umwelt“ herausgegeben, der jetzt schon in der vierten Auflage ist.

Stiefkind der gesamten Entwicklung sind die gewerblichen Ausbildungsberufe. Dort hat die ökologische Orientierung von Berufsbildern noch nicht richtig Fuß fassen können. Günter Karelage, Vorstandskollege von Günther bei „future“, bedauert: „Ich würde gern bestätigen, daß ökologische Argumente bei der Jobsuche von Auszubildenden eine Rolle spielen, aber das ist noch nicht feststellbar.“ In seiner Firma hätten sich zwar vor einigen Jahren mal Auszubildende zusammengeschlossen und als „Grünschnäbel“ versucht, auf eine ökologischere Produktion zu drängen, aber dann sei kein Nachwuchs nachgekommen.

Karelage, der nach eigenem Bekenntnis „leidenschaftlich schnell“ Auto fährt und damit kein gutes Beispiel setzt, sieht vor allem zwei Gründe für das magere Interesse. „In erster Linie sind wir alle Konsumenten. Und außerdem: Der Arbeitsmarkt ist nicht so rosig. Deswegen sind die jungen Leute sehr zurückhaltend mit ihren Forderungen.“ Hermann-Josef Tenhagen

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