Zwischen den Strafräumen

■ Dynamo Dresden — Werder Bremen 2:3/ Erste Heimniederlage für die Dynamos

Dresden (taz) — Der Mann weiß, was er am Tag der deutschen Einheit zu sagen hat. „Wir wollten versuchen, aus dieser Scheiße noch ordentlich was zu machen“, drückte sich Dresdens Trainer Klaus Sammer nach Spielende recht konkret aus und meinte damit die Schlamastik, in die sich seine Mannschaft im Spiel gegen Werder Bremen schon nach zwölf Minuten gebracht hatte.

Rein statistisch gesehen war folgendes passiert: Dynamo verlor 2:3, erlitt die erste Heimniederlage seit sieben Monaten und ignorierte dabei die vor der Saison aufgestellte Forderung ihres Torhüters und Kapitäns Rene Müller: „Das Spiel zwischen den Strafräumen ist gut für die Zuschauer, aber belanglos.“ Wollte sagen, nur vor den Toren solle heftig gewerkelt werden. Nun brachten zwar beide Mannschaften in diesem Spiel fünf Tore zustande, hielten sich aber dennoch meist zwischen den Strafräumen auf; zu allem Überdruß war dies aber ganz und gar nicht gut für die Zuschauer. Deren hatten sich immerhin 14.300 hinter dem Großen Garten im Harbig-Stadion eingefunden, doch der erste Versuch des jungen Herbstes, ein kleines Stürmchen anzufachen, zerzauste Haar und Gemüter der Fans mehr als das Spiel auf dem Rasen.

Sicher, beide Mannschaften hatten mit schwierigen Problemen zu kämpfen. Dem Europapokalsieger Werder Bremen steckte noch das schwere Cup-Auswärtsspiel vom Dienstag bei Hannover 96 in den Knochen, und Klaus Sammer, der auf Bremer Müdigkeit spekulierte („So stark hatten wir Bremen nicht erwartet.“) hatte wenig Freude und viel Kopfweh beim Aufstellen seiner Mannschaft — ihm fehlten vier verletzte und ein gesperrter Stammspieler.

Besonders Dirk Zander, der wegen eines Kreuzbandrisses im Knie für mindestens sechs Monate fehlt, wurde im defensiven Mittelfeld heftig vermißt; dem Mannschaftsteil, der als stärkster der Dresdner galt. Und genau dort wurden anfangs die Fehler gemacht, welche den Bremern den Sieg ermöglichten. Zwar meinte Werders Coach Otto Rehhagel, seine Mannschaft hätte den „Gegner zu Fehlern gezwungen“, also sehr stark gespielt, doch im richtigen Leben war es ein wenig anders.

Vor dem 0:1 in der achten Minute hatte Libero Matthias Mauksch ohne ersichtliche Einwirkung des Gegners im eigenen Strafraum einem Mitspieler den Ball an den Hintern getreten — vielleicht hatte ihn der einige Meter entfernt stehende Andreas Herzog mit einer gruseligen Grimasse zu diesem Fehler gezwungen, jedenfalls nutzte er den Querschläger zum Torschuß. Beim 0:2 vier Minuten später stampfte Dietmar Beiersdorfer wie eine Lokomotive auf einen Flankenball zu und zwang den Dynamo-Libero, ihm und dem Ball aus dem Weg zu gehen.

Das war es an Bremer Chancen, fortan spielte meist Dynamo, aber halt nur zwischen den Strafräumen, von wo sie auch ihre Tore schossen. Das erste direkt nach der Pause, als Jens Melzig aus der Tiefe des Platzes so derb auf das Tor drosch, daß Torwärter Oliver Reck den Ball genau auf den Fuß des vor ihm lauernden Torsten Gütschow faustete. Das zweite, als Detlef Schößler kurz vor Schluß aus gleicher Entfernung direkt traf. Nach diesem Anschlußtreffer zum 2:3 in der 87. Minute spielten sich „schreckliche Szenen“ (Rehhagel) im Bremer Strafraum ab, doch beste Möglichkeiten zum Ausgleich wurden vergeben. Ein Trost bleibt den Dynamos; sie befolgten des Trainers Rat und wollten das an diesem Tag Unmögliche wahr machen. nihil

Werder Bremen: Reck - Bratseth - Votava, Beiersdorfer - Wolter, Bockenfeld, Hermann, Eilts, Herzog (87. Hartgen) - Rufer, Bode

Zuschauer: 18.000; Tore: 0:1 Herzog (8.), 0:2 Beiersdorfer (12.), 1:2 Gütschow (48.), 1:3 Bode (83.), 2:3 Schößler (87.)

Dynamo Dresden: Müller - Maucksch - Melzig, Schößler - Kmetsch, Pilz, Stevic, Hauptmann, Jähnig - Rath, Gütschow