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Aber die Waffen kommen nach Somalia

Neue Kämpfe und wechselnde Bündnisse der Kriegsherren/ „Für die reichen Somalis wird die Sicherung der Hilfsgütertransporte ein immer einträglicheres Geschäft“  ■ Aus Mogadischu Bettina Gaus

Ein überraschendes Bündnis zwischen einstmals erbitterten Feinden hat die politische Landschaft in Somalia ein weiteres Mal grundlegend verändert: General Said Morgan, Schwiegersohn des im Januar 1991 gestürzten Diktators Siad Barre, hat ausgerechnet in Interimspräsident Ali Mahdi einen Verbündeten gefunden – in einem der Männer also, die zu den führenden Köpfen des Widerstandes gegen den früheren somalischen Präsidenten gehört und wiederholt General Morgan schwerer Menschenrechtsverletzungen beschuldigt hatten.

Ziel von Ali Mahdi und General Morgan sei es nun vermutlich, meinte der Kommandeur der in Somalia stationierten UN-Sicherheitstruppen, General Imtiaz Shaheen, ihre Streitkräfte jetzt auch räumlich zusammenzubringen. Das erhöht die Gefahr neuer Kämpfe in Somalia und droht in einigen Regionen Hilfsaktionen für die Hungernden zu gefährden.

Nachdem am Dienstag Morgans Truppen, die nach Angaben aus UN-Kreisen logistische Unterstützung vom Nachbarland Kenia erhalten, die südsomalische Stadt Bardera eingenommen haben, sind Ausländer von dort evakuiert worden. Hilfsflüge wurden bis auf weiteres eingestellt. Die Stadt ist eines der Zentren für die Verteilung von Nahrungsmitteln an die notleidende Bevölkerung.

Nun sind mehrere Möglichkeiten denkbar: General Aideed könnte zum Gegenschlag ausholen und versuchen, Bardera zurückzuerobern. Er könnte aber auch Verteidigungsstellungen auf dem Weg in die Hauptstadt errichten, um einen Vormarsch von Morgans Truppen auf Mogadischu zu verhindern. Eine dritte Option wäre besonders bedrohlich – der Ausbruch von Kämpfen in der Hauptstadt selbst.

General Aideed galt über Monate hinweg als der mit Abstand stärkste Militärführer in Somalia. In den letzten Wochen jedoch hat er erheblich an Macht verloren. Erst vor fünf Tagen ist ein Bündnis des Generals mit drei anderen politischen Fraktionen in der südsomalischen Hafenstadt Kismayo zerbrochen.

Befürchtet wird nun, daß Ali Mahdi die Gunst der Stunde nutzt und seinen Rivalen in der Hauptstadt zu einem Zeitpunkt angreift, wo ein großer Teil von dessen Streitkräften in den Konflikt mit General Morgan verwickelt ist. Möglicherweise müßte er in diesem Falle nicht einmal internationale Verurteilung fürchten – die kompromißlose, starre Haltung von General Aideed in den letzten Monaten ist im Ausland wiederholt scharf kritisiert worden.

Für die Bevölkerung in der bereits schwer zerstörten Stadt wären jedoch neue Kämpfe besonders zum gegenwärtigen Zeitpunkt äußerst bedrohlich, weil sowohl General Aideed als auch Ali Mahdi in jüngster Zeit aus unbekannten Quellen mit Nachschub an Waffen und Munition versorgt worden sind.

Von den 500 UNO-Soldaten, die kürzlich in Mogadischu stationiert woren sind, um Nahrungsmitteltransporte vor Plünderern zu schützen, ist kein Eingreifen zu erwarten. Sie halten sich bislang nur in ihren Unterkünften auf und haben entgegen allen Erwartungen weder die Kontrolle über den Hafen noch über den Flughafen übernommen. General Shaheen weiß, daß er damit internationale Kritik auf sich ziehen kann – „Ich weiß, daß es jeder schrecklich eilig hat“–, hält aber angesichts der unübersehbaren Zahl von Bewaffneten in Mogadischu Zurückhaltung und Vorsicht für erforderlich.

In Kreisen der ausländischen Hilfsorganisationen ist diese Haltung nicht unumstritten. „Mit Geld läßt sich alles machen“, sagt ein ausländischer Helfer, der sich namentlich nicht zitieren lassen will. „Wir zahlen immer mehr für die Sicherung von Lebensmitteltransporten unter dem Schutz somalischer Bewaffneter. Damit wird das für die reichen Somalis, die die Sicherheitskräfte stellen, zu einem immer einträglicheren Geschäft, das sie sich immer weniger von der UNO werden wegnehmen lassen wollen, je länger die Situation andauert. Der Teufelskreis wird so immer bedrohlicher.“

Unterdessen bemühen sich die Ältesten verschiedener Clans um einen politischen Ausweg aus der Krise des Landes. Unter Vermittlung des ehemaligen Bürgermeisters von Mogadischu, Ali Ugas, soll angeblich der Versuch unternommen werden, die beiden Rivalen zu Verhandlungen an einen Tisch zusammenzubringen. Ali Ugas werden gute Beziehungen zu beiden Kriegsfürsten nachgesagt.

Dennoch gilt ein Erfolg dieser Friedensinitiative als eher unwahrscheinlich, nicht zuletzt deshalb, weil gegenwärtig alle Fraktionen versuchen, sich eine möglichst günstige Position für die Friedenskonferenz zu sichern, die unter UNO- Vermittlung noch in diesem Jahr stattfinden soll.

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