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Bertelsmann kämpft um Beiboote

■ Hessen berät in dieser Woche über die Zukunft von RTL2

Während die Wachstumsraten für Gedrucktes immer geringer werden, „ist für die elektronischen Medien der deutsche Markt noch längst nicht ausgereizt“, glaubt Bertelsmann-Vorstandsmitglied Manfred Lahnstein. Der ehemalige SPD-Finanzminister und heute für Neue Medien zuständige Konzernmanager kündigte jetzt in der Bertelsmann-internen Zeitschrft Management News eine Offensive im Fernsehgeschäft an: „Denkbar ist, daß wir gegen Ende dieses Jahrzehnts im deutschsprachigen Raum an zwei bis drei werbefinanzierten Programmangeboten, dazu an der Pay-TV-Familie mit zwei bis drei Programmen beteiligt sind.“

Seit acht Jahren ist Bertelsmann im TV-Geschäft. Das mit Buchclubs, Druckereien und Verlagen zu Reichtum gekommene Unternehmen wurde 1984 mit 38,9 Prozent Großgesellschafter bei RTLplus. Neben zahlreichen Beteiligungen im privaten Hörfunk hält die Bertelsmann-Tochter UFA auch Anteile beim Pay-TV- Sender Premiere (37,5 Prozent) und beim Unterhaltungsprogramm RTL2 (17,5 Prozent), das in einem Monat auf Sendung gehen will. Ins Wackeln gekommen ist die 24,9prozentige UFA-Beteiligung am Nachrichtenkanal VOX. Bertelsmann prozessiert und verhandelt darüber zur Zeit mit RTLplus-Hauptgesellschafter CLT (vergl. taz vom 17.10.92).

„Wir könnten zu einer Senderfamilie von RTLplus, RTL2 und RTL-VOX kommen“, tönt Lahnstein dessen ungeachtet in seiner Hauspostille. Wie Leo Kirch habe auch Bertelsmann erkannt, daß man für teure Senderechte mehrere Abspielflächen brauche. Kirch habe seine Möglichkeiten bei Sat.1, Pro7, Kabelkanal und Tele5 „als Einzelkaufmann radikal ausgenutzt. Eine Aktiengesellschaft mit weitreichender Publizitätspflicht hat diese Möglichkeiten nicht!“ Nach Lahnsteins Konzept müßten Vollprogrammen wie ARD, ZDF, Sat.1 und RTLplus ein oder zwei Zielgruppenkanäle angegliedert werden: „Wir haben vor, RTLplus im werbefinanzierten Bereich mit Partnern durch ein oder zwei Sender zu erweitern und möglicherweise später auch Premiere durch ,Beiboote‘ zu ergänzen.“

Die Beiboote für RTLplus – VOX und RTL2 – sind zwar schon auf Kiel gelegt, müssen Schwimmfähigkeit aber noch beweisen. Während VOX von Gesellschafterquerelen gebeutelt wird, steht RTL2 im Blickpunkt der Genehmigungsbehörden. Mitte September hatten die Landesmedienanstalten „erhebliche Bedenken im Hinblick auf unzulässige Verflechtungen mit anderen TV-Veranstaltern“ angemeldet und eine Prüfung eingeleitet. In dieser Woche will die Landesanstalt für privaten Rundfunk Hessen nun erneut über die Lizensierung von RTL2 beraten. Christoph Heinzle

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