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Soundcheck

■ John Tchicai / Wedding Present / Fela Kuti

SOUNDCHECK

Heute abend: John Tchicai. Üblicherweise verläuft der Musikertausch zwischen Dänemark und den USA eingleisig von West nach Ost. John Tchicai ist da die große Ausnahme. Schon in den frühen 60er Jahren brachte Archie Shepp den in Kopenhagen geborenen Saxofonisten von einer Europa-Tournee mit nach New York, wo sie gemeinsam Jazz-Geschichte mitschrieben. Tchicai, ein hagerer, eher zurückhaltend-linearer Improvisierer, dem es weniger um die große Geste geht als um einen eigenen Weg, spielte in der New Yorker Szene jener Zeit den einfühlsamen Widerpart zu den expressiven Röhrern vom Schlage Shepps. In der Zwischenzeit verbrachte Tchicai musikalisch ausgefüllte Jahre in seinem Heimatland und ließ sich nun an der US- Westküste nieder, wo er in Ruhe ein neues musikalisches Projekt ausheckte. Die Musik des großartigen Jazz-Urgroßvaters Jelly Roll Morton hat Tchicai ausgegraben und für seine neue Gruppe so bearbeitet, daß aus der Konfrontation der alten Rags mit den neuen Freiheiten die Funken sprühen. step

Birdland, 21 Uhr

Heute abend: Wedding Present. Die britische Popmusik spaltet sich derzeit in drei Lager. „Die-Gruppe- klingt-wie-eine-Mischung-aus- X-und-Y“ bezeichnet das eine, während sich das andere hinter der Palisade des fälschlichen „An-uns- orientieren-sich-die-übrigen- Bands“-Glaubens verschanzt. The Wedding Present gehört zur dritten Abteilung, der mikrokosmotischen „Wir-haben-unseren-Platz-gefunden“-Bewegung, was keine Garantie für musikalische Originalität ist, aber als Hinweis auf das lose Vorhandensein eines eigenen Stils ver-

1standen werden kann. Dieser läßt sich anhand von zwei bandeigenen Zuschreibungen genau umreißen. Mit dem konzeptuellen Selbstverständnis, „the world's least complex pop group“ zu sein, weisen die einzigen Überlebenden der (Noise-Pop)-„Class of 1986“ nicht nur sich selbst die Richtung, sondern schaffen sich gleichfalls die Basis, mit Fug und Recht behaupten zu dürfen: „All the songs sound the same,“ eine konsequente Regression ins Selbst. Clemens Gerlach

Markthalle, 20 Uhr

Heute und morgen abend: Soulciety-Weekend. Wieder gibt es einen groovy Abend mit Gruppen und Freunden des Soulciety-Lables im Docks. Diesmal werden an zwei Tagen je eine große und eine deutsche Band auftreten, wobei dies mehr magnetische als qualitative Bezeichnungen sind. Heute wird der Defunkt-Setzling Bigfood seine Funk-Jazz-Metall-Legierung zum schweißglänzen bringen. Eingeleitet wird der Abend mit dem Hamburger Jazz-Groove von M'Blue Et Moi. Morgen abend beginnen dann die Münchner Anflieger Poets Of Rhythm mit konkurrenzlosen Rare- Grooves, worauf Ever-C's Cockney-Rap die Knie endgültig erweichen wird. Dabeisein! tlb

Docks, jeweils 22 Uhr

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