„Wir fühlen uns verarscht“

■ An der Technischen Universität wehrt sich eine Initiative von LehramtsstudentInnen gegen unzumutbare Studienbedingungen/ Nach erfolglosen Protestbriefen nun Protestresolution mit 700 Unterschriften

Berlin. „Eigentlich müßten wir doch an einem Strang ziehen“, wundert sich Markus Wollschläger, TU-Student fürs Grundschullehramt. „Wir“, das wären die Dozenten und die Studierenden seines Institutes, an dem Grundschulpädagogik gelehrt und studiert wird. Statt dessen hatten er und einige KommilitonInnen den Eindruck, „daß wir verarscht werden“. Die Stellenkürzungen und die Streichung von Lehraufträgen haben dazu geführt, daß ein Teil der Grundschulpädagogik-StudentInnen praktisch nicht mehr richtig studieren kann.

Seminare, die zum Pflichtprogramm gehören, werden überhaupt nicht mehr angeboten: So steht den StudentInnen, zu deren Pflichtfächern Technisch-Naturwissenschaftlicher Unterricht gehört, nach den Abgängen der letzten Jahre nur noch ein einziger Professor zur Verfügung. Dieser aber hat im nächsten Semester ein Forschungssemester, so daß er keine Lehrveranstaltungen anbietet. Ohne den Pflichtschein aus seinem Hauptseminar aber können sich viele StudentInnen nicht zum Examen anmelden.

Erst angebliches Verständnis und dann hintergangen

Vergeblich hatten einzelne StudentInnen Protestbriefe an den TU-Präsidenten geschickt. Hilfe suchten sie schließlich vertrauensvoll beim Institutsrat ihres Institutes. Sie wollten erreichen, daß in jedem Semester wenigstens ein Minimalangebot an Pflichtveranstaltungen für Studierende im Hauptstudium eingerichtet wird. Im Institutsrat fanden die StudentInnen freundliche Aufnahme mit ihrem Begehren – doch am gleichen Tag erfuhren sie, daß sie hintergangen wurden: denn im nächst höheren Gremium, dem Fachbereichsrat der Erziehungswissenschaften, lag ein vom Institutsrat längst gefaßter Beschluß auf dem Tisch, der genau das Gegenteil dessen festschrieb, was Anliegen der StudentInnen war. Statt die obligatorischen Kurse einzurichten, sollten die betroffenen StudentInnen auf Kurse aus anderen Bereichen verwiesen werden, um dort Ersatz für ihre fehlenden Pflichtveranstaltungen zu suchen. Die studentische Intervention im Fachbereichsrat verhinderte die Absegnung des Beschlusses ihres Institutes.

Trotz Hindernissen kleine Teilerfolge erzielt

Nach diesen Erfahrungen im universitären Gremiendschungel hat sich am Fachbereich 22 (Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften) eine Lehrerinitiative gebildet, die gegen die ständige Verschlechterung der Studienbedingungen vorgehen will. Mühsam (wiederum nach Auseinandersetzungen mit dem Institutsrat, der mit Geschäftsordnungstricks ihr Anliegen abzuwehren versuchte) haben sie in ihrem Institut durchgesetzt, daß ihnen wenigstens ein Teilstück einer offiziellen Informationstafel zur Verfügung gestellt wird. Denn das vorrangige Problem für ein organisiertes Vorgehen von LehrerstudentInnen ist deren Zersplitterung im Studium und damit der Mangel an Kommunikation untereinander: sie studieren an acht verschiedenen Fachbereichen, wissen kaum voneinander und hatten bislang auch kein Kommunikationszentrum. Mittlerweile hat die Lehrerinitiative jedoch außer dem Teilstück des Infobrettes einen Raum bei den TU-Erziehungswissenschaftlern organisiert. In einer ersten Protestresolution an den TU-Präsidenten hat die Initiative bereits 700 Unterschriften gesammelt.

Die Angst vor Professoren und Prüfern scheint zu weichen

Der Protest richtet sich noch allgemein gegen die Verschlechterung der Studienbedingungen, die Streichung von Lehrveranstaltungen und die Einschränkung der Wahlfreiheit bei Lehrveranstaltungen. Große Resonanz erwarten die Initiatoren noch nicht von dieser Unterschriftenaktion. Vor allem ist sie ein Indiz dafür, daß sich die LehrerstudentInnen zu regen beginnen.

Viele hätten, so Markus Wollschläger, bisher trotz der Verschlechterung der Bedingungen den Mund gehalten, weil sie Angst hatten, es sich mit ihrem Professor und künftigen Prüfer zu verderben. Doch die Angst scheint langsam zu weichen. wist