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Auf zur „Highway-Klinik“

■ Privatisierung im Krankenhaus — erst die Wäscherei, dann der OP?

Pechschwarze Wolken sehen ÖTV und Personalräte für die Bremer Krankenhäuser am Himmel aufziehen, sollte das Gesundheits- Strukturreform-Gesetz Wirklichkeit werden: Unter dem Schlagwort Gemeinsam gegen Privatisierung sind die Belegschaften aller vier städtischen Krankenhäuser und des Diako am Donnerstag vormittag zur gemeinsamen Personalversammlung in die Stadthalle zusammengetrommelt worden. Nach Zahn-/ÄrztInnen und ApothekerInnen bereiten sich nun auch die Krankenhausbelegschaften darauf vor, auf die Barrikaden zu gehen.

„Gesundheit wird in Zukunft eine Ware — die einen können sie sich leisten, die anderen nicht“, heißt es in einem ÖTV-Flugblatt. Der düsteren Zukunftsmalerei, mit Schlagworten wie der „Highway-Klinik“ mit PatientInnen- Abfertigung im Akkord steht die Bedrohung einiger Tausend Arbeitsplätze in Bremen zur Seite. Ein erster Schritt zur Privatisierung ist bereits getan: In allen Krankenhäusern gibt es Überlegungen, mehr als bisher Teile des nichtmedizinischen Dienstlei

hierhihn bitte Tils Karikatur

stungsbereiches an Privatfirmen abzugeben. Dazu gehören zum Beispiel Wäscherei, Reinigungsdienst, Küche, technischer Dienst, Werkstätten und sogar Teile der Verwaltung.

„Wir haben vor, eine Schließung der Wäscherei zu prüfen“, sagt Karl-Heinz Eßmann, Verwaltungschef des ZKH Ost: „Die Gehälter im öffentlichen Dienst liegen in diesem Bereich um 30 Prozent höher als der Privatlohn“, so Eßmann. Dazu kommen sehr hohe Fehlzeiten und ein teilweise maroder Zustand der Einrichtungen — wie in der Wäscherei des St.Jürgen-Krankenhauses. Das Land investiert seit Jahren nicht, und den Kliniken stand ein begrenztes Pauschal-Budget zur Verfügung — „Da wurden lieber zwei Beatmungsgeräte gekauft als eine Karrussel-Presse für die Wäscherei“, so Eßmann.

„Wir müssen uns möglicherweise diesem Thema stellen“, sagt auch Claus A. Thielbar, Verwaltungsdirektor im ZKH Links der Weser. Er hat ausrechnen lassen, daß sein Haus im Jahr 5-6 Millionen Mark Personalkosten sparen könnte, wenn sich die Fehlzeiten

an die in der Privatwirtschaft anpassen würden. „Was in der Privatwirtschaft geht, muß auch bei uns machbar sein“, sagt der Verwaltungschef. Denn: „Wenn alle möglichen Bereiche an Fremdfirmen vergeben werden, hat man kaum mehr Einflußnahme auf die Ziele des Hauses.“ Krasser formuliert es Kollege Eßmann: „Ich will nicht, daß das Krankenhaus nur noch eine Zusammenfassung der Arbeitsplätze unzähliger Fremdfirmen ist, deren Rechnungen von einem geleasten Verwaltungssektor bearbeitet werden.“

Doch das finanzielle Korsett könnte die Klinikdirektoren zu ungeliebten Maßnahmen zwingen. Angedacht wird mittlerweile auch eine Auslagerung medizinischer Bereiche: Labors oder, wie im ZKH Links der Weser diskutiert, die Pathologie — wenn dort auch aus anderen Gründen. Karl Spindler, Chef des ZKH St.Jürgen-Straße: „Vorstellbar wären selbständige Substrukturen innerhalb der Krankenhäuser.“ Doch sensible Felder sollen nicht abgegeben werden — damit „das Krankenhaus nicht seine Identität als Medizinbetrieb verliert.“ skai

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