: Das Sternenbanner weht in Mogadischu
■ Langsamer Anlauf der amerikanisch-französischen Entwaffnungsaktionen
Mogadischu (taz) – Über der amerikanischen Botschaft in Mogadischu weht wieder das Sternenbanner. Das Gelände, zu dem früher auch ein Golfplatz und Tennisanlagen gehört hatten, war unmittelbar nach dem Sturz vom Präsdident Siad Barre im Januar 1991 vollständig geplündert und verwüstet worden. 14 Soldaten haben gleich nach ihrer Ankunft zu eigens mitgebrachten Reisigbesen gegriffen und eifrig gefegt: Die Räume der einst größten US-Mission der Welt, die noch zu Zeiten des Kalten Krieges geplant worden war, sind nun weitgehend sauber. Das Gebäude soll vermutlich demnächst das Hauptquartier der US- Truppen werden.
Die erste Nacht nach der Landung der amerikanischen Soldaten verlief weitgehend ruhig: Einige vereinzelte Schüsse waren am Hafen und nahe der Botschaft abgegeben worden, verletzt aber wurde niemand. Gestern um die Mittagszeit war in der Nähe de Hafens Artilleriefeuer zu hören. „Seit ein paar Stunden ist die Lage hier gespannt“, meint Sergant Ernest Metkin am Eingangstor. „Wir wissen nicht, woran es liegt. Irgendwie scheinen die Leute unruhiger zu werden, es sind plötzlich auch viel mehr Fahrzeuge unterwegs.“
Das allerdings kann auch daran liegen, daß am Vortag Mogadischu ganz ungewöhnlich ruhig gewesen war und nun erst allmählich die Stadt zu ihrem gewohnten Rhythmus zurückfindet. Die Entwaffnung der Bevölkerung läuft langsam an: „Wir haben an unserem Kontrollpunkt bisher ein Gewehr sichergestellt“, erklärt Michel Touron, Kommandeur der bisher 150 französischen Soldaten, die am Dienstag ebenfalls in Mogadischu angekommen sind. Die geringe Ausbeute ist kaum erstaunlich: Der Kontrollpunkt läßt sich mühelos auf einem kleinen Umweg durch eine Seitenstraße umfahren. In der ersten Nacht kam es allerdings auch hier zu zwei kurzen Feuergefechten. Auch sonst gibt es Hinweise darauf, daß die aus dem Straßenbild weitgehend verschwundenen Waffen noch nicht für eine entspannte Lage sprechen: Am Dienstag nachmittag wurde ein UNO-Mitarbeiter in seinem Auto von Unbekannten mitten in der Stadt beschossen.
Die 1.800 amerikanischen und 150 französischen Soldaten haben zunächst einmal vor allem logistische Probleme zu bewältigen: „Wir haben kein Wasser, noch nicht einmal für Löschfahrzeuge, keine Küche, nicht genug Generatoren für Strom. Es ist schwierig, 28.000 Leute hierherzubringen, wenn man nicht einmal Duschen hat“, erklärt US-Cornel Fred Peck. So kommen vorläufig auch wenig neue Truppen an – gestern wurden bis zum Abend nur etwa 100 weitere US-Soldaten erwartet.
Einige Flugzeuge mit Hilfsgütern an Bord sind bereits wieder in Mogadischu gelandet. Unklar ist jedoch noch, wann der Flugbetrieb wieder in vollem Umfang wiederaufgenommen werden kann und wann damit begonnen wird, die rund 8.00 Tonnen Sorgum, Reis und Bohnen, die noch im Hafen gelagert sind, an Bedürftige zu verteilen. „Solange die Sicherheit nicht gewährleistet ist, kann die Operation nicht beginnen“, sagt der somalische Hafenmanager Muhammed Bassey. „Die Entscheidung darüber liegt allein bei den Amerikanern.“
Im politischen Bereich scheint die Entwicklung schneller vonstatten zu gehen: Einer Meldung der BBC zufolge wollen sich heute Interimspräsident Ali Mahdi und sein schärfster Gegner, General Farah Aidid, zu dem seit Wochen erwarteten ersten Gespräch treffen. Bettina Gaus
New York (AFP) – UN-Generalsekretär Butros Ghali hat in New York einen Aktionsplan für Somalia angekündigt. Gegenwärtig sei es noch „zu früh“, um über fest umrissene Maßnahmen wie ein mögliches UN-Mandat zu sprechen, erklärte Ghali. Ghali ging zugleich spürbar zum Auftreten des US- Sondergesandten für Somalia, Robert Oakley, auf Distanz. „Es gibt nur einen einzigen politischen Repräsentanten, und das ist der Vertreter der Vereinten Nationen, Ismat Kittani“, sagte der UN-Generalsekretär.
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