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Unterm Strich

Vor 30 Jahren hatte das Prachtstück auf dem Flohmarkt gerademal 30 „Groschen“ gekostet. Was sind „Groschen“ wert? Wissen wir nicht, die Käuferin fand das Gemälde hübsch, hängte es in ihrer guten Stube auf und hatte keine Ahnung von Luis Eugenio Melendez, der 1716 geboren und 1780 gestorben ist. Er hat gemalt, am liebsten Stilleben („Meerbrassen und Apfelsinen“ zum Beispiel), und so ähnlich sah das Flohmarkt-Fundstück auch aus. Es ist echt und hat auf einer Auktion des Hauses Bonhams den Preis von 3,3 Millionen Mark erzielt. Wer es gekauft hat, bleibt vorerst ein Geheimnis. Nun ja, aber was ist nun mit dem weißen Fleck auf der Tapete? War doch nett, das Bild, und nun das viele Geld?

Hat er nicht irgendwie doch für die Armen gedichtet? Aber Bert Brechts Tochter Barbara kassiert heute nicht schlecht. Sie hütete bekanntlich Vaters Nachlaß ohn Unterlaß, nun ist sie diesen Job losgeworden. Für elf Millionen Mark hat sie ihren Schatz dem Land Berlin verkauft. Die Verhandlungen haben lange gedauert, Berlins gegenwärtiger Kultursenator findet den Abschluß „vertretbar“. Immerhin hat ihm der Bund mit 9,5 Millionen Mark ausgeholfen, um dem Brechtschen Spätmaterialismus gerecht zu werden. Brechts Nachlaß besteht aus rund 60.000 Blatt mit Manuskripten der Theaterstücke, Prosa, Lyrik, Essays, Notiz- und Tagebüchern und der Korrespondenz mit rund 11.000 Briefen, von denen 2.100 von Brecht stammen. Darunter sind 4.500 Durchschläge der Geschäftskorrespondenz und 4.300 Briefe an Brecht. Hinzu kommen die Arbeitsbibliothek des Dichters mit rund 3.500 Bänden, seine Augsburger Jugendbibliothek mit fast 150 Bänden und die Bibliothek aus dem schwedischen Exil mit rund 100 Bänden, über 400 Filmbüchsen und -kartons, in denen vor allem die Filme „Katzgraben“ (1957), „Die Mutter“ (1958) und „Mutter Courage und ihre Kinder“ (1961) bewahrt sind. 20.000 Fotos dokumentieren das Leben und Werk Brechts und Helene Weigels.

Eher unwahrscheinlich erscheint uns, daß Barbara Brecht ihren Reingewinn einer neulich gegründeten Johan Gottlieb Nauman-Kommission zur Verfügung stellt, die ein „grundsätzliches Umdenken bei der Kulturerhaltung Sachsens“ fordert. Was wir wiederum gut verstehen. In Sachsen lag einst die „dichteste Theaterlandschaft der Welt“. Vorbei, die Kommunen haben kein Geld mehr, weswegen die vom Wirtschaftsminister des Landes berufene Kommision vorschlägt, „öffentlich-rechtliche Kulturkassen“ einzurichten, die sich aus „Kreisumlagen und Landeszuschüssen“ speisen sollten. Und aus den Tantiemen der Familie Brecht?

Harald Juhnke spielt in Turrinis „Alpenglühen“, ganz Berlin freut sich schon. Alfred Kirchner inszeniert das Stück im Schloßpark Theater, danach will er seinen Hut nehmen.

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