: Von LeserIn zu LeserIn-betr.: "Ökorassismus" von Jutta Ditfurth, taz vom 5.12.92, LeserInnenbriefe dazu, taz vom 12.12.92
betr.: „Ökorassismus“ von Jutta Ditfurth, taz vom 5.12.92,
LeserInnenbriefe dazu,
taz vom 12.12.92
[...] Steiner hat nun mal sehr viel von sich gegeben, und es liegt immer in den Empfindungen der Zeit, was man davon in die Öffentlichkeit läßt. Seit Ende des Krieges ist der rassisch liberale Steiner angesagt, und es ist zu vermuten, daß man anderes aus seinem veröffentlichten Nachlaß entfernt. Obwohl Steiner von Nichtanthroposophen nicht zitiert werden darf, trotzdem ein kleines Zitat. „Neulich bin ich in Basel in eine Buchhandlung gekommen, da fand ich das neueste Programm dessen, was gedruckt wird: ein Negerroman, wie überhaupt jetzt die Neger allmählich in die Zivilisation von Europa hereinkommen! ...Es werden überall Negertänze aufgeführt, Negertänze gehüpft. ...wir geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, da braucht gar nicht dafür gesorgt zu werden, daß Neger nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen.“
Natürlich sind auch diese Sätze, wie alles was von Steiner von „falscher“ Seite zitiert wird, „mißverständlich“ und „aus dem Zusammenhang gerissen“, „zur Unkenntlichkeit entstellt“ usw. usf. Wirklich deutlich wird allerdings Marie von Sievers, Steiners Frau. Ich erspare mir Zitate, sie sind überall leicht zu finden. Im Dritten Reich gab es Anhänger der Anthroposophie bis in höchste „Führungskreise“. Rudolf Hess protegierte die Waldorfschulen, die erst nach seiner Flucht geschlossen wurden. Himmler interessierte und initiierte die biologisch-dynamische Landwirtschaft in Auschwitz! Und wo und wann hat Steiner eigentlich die (Weimarer) Demokratie verteidigt? Auch heute gibt es die völkischen Anthroposophen. Sie wissen vielleicht eher, wovon Ditfurth spricht. Reinhard Karst,
Bad Mergentheim
Herr Weinzierl spielt die beleidigte Leberwurst: „Jutta Ditfurth betreibt primitive Feindbildpflege und üble Diffamierung, die mit kritischem Journalismus nicht das geringste zu tun hat, wenn sie mir Worte in den Mund legt, die ich am 25.10.912 bei einem Seminar über Bevölkerungsfragen als Zitat aus dem Jahre 1965(!) verwendet habe!“
Wer sich die Zeit nimmt, kann bei Frau Ditfurth nachlesen: „Bei einem Seminar widersprach Peter Gauweiler (CSU) dem BUND- Vorsitzenden Hubert Weinzierl nicht, der sagte: ,Jeder Naturschutz endet dort, wo die Menschenlawine alles überrollt.‘ Für Weinzierl ist nur mit der ,Eindämmung des Überbevölkerungsstromes... unsere Zivilisationslandschaft (so) zu gestalten, daß sie wert bleibt, Heimat genannt zu werden‘.“ Herr Weinzierl bestätigt also die korrekte Wiedergabe der Zitate, versucht aber, sich mit dem Hinweis auf ihr Alter aus der Affäre zu ziehen. Entscheidend ist natürlich nicht das Alter von Texten, sondern ob sie zustimmend oder ablehnend zitiert werden.
Da wir gerade beim Deutschunterricht sind, soll eine weitere gezierlte Kostprobe aus seinem Buch „Ökologische Offensive“ (Heyne Verlag 1991) nicht vorenthalten werden. Es heißt da Seite 177, Zeile 16: „Zur Kehrseite unserer Heimat zählen eben auch die Chemiegiganten, die Tierfabriken, die Großflughäfen, der Siedlungsbrei um die Ballungsräume, die Einkaufszentren und der Verkehrsstau, die Samstagsarbeit, die Sonntagswerbung und die sterilen Hausgärten des deutschen Saubermanns, nach dem Motto ,Wer Moos zwischen den Gartenplatten duldet, der läßt eines Tages auch Asylanten ins Dorf‘! Diese Heimat wollen wir eben nicht.“ Der Kommentar sei geschenkt! Amelie Müller, Bielefeld
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