: Militär in Togo außer Kontrolle
■ Diktator Eyadema hält sich mit Terror an der Macht
Berlin (taz) – Das Land zugrunde richten, um die eigene Haut zu wahren: Nach dieser Devise verfährt nicht nur Zaires berüchtigter Diktator Mobutu, dessen Präsidialgarde in wenigen Tagen über 1.000 Menschen umgebracht hat. Der langjährige Präsident von Togo, Gnassingbé Eyadema, scheint ebenfalls einen Krieg gegen sein Volk begonnen zu haben: Mehr als 40.000 Menschen sind aus Togo in die Nachbarländer Benin und Ghana geflohen, seitdem die togoische Präsidialgarde am Wochenende in mehreren Vororten der Hauptstadt Lomé auf Oppositionellenjagd ging und dabei ein Blutbad anrichtete. Die von der Opposition auf etwa 200 geschätzten Todesopfer dieses Feldzuges gesellen sich zu den 17, die nach offiziellen Angaben am 25. Januar bei der Niederschlagung einer Demonstration während des Besuches des Bonner Staatssekretärs Helmut Schäfer ums Leben kamen. Jenes Massaker hatte Schäfer und seinen mitreisenden französischen Kollegen Marcel Débarge veranlaßt, einen politischen Vermittlungsschritt im Machtkampf zwischen Eyadema und der demokratischen Opposition zu wagen: Für heute beriefen sie einen togoischen „Runden Tisch“ nach Straßburg ein.
Teilnehmen sollten daran alle maßgeblichen politischen Kräfte aus Togo: Präsident Eyadema, der aus der Opposition stammende, aber jetzt von Eyademas Wohlwollen abhängige Premierminister Kokoh Koffigoh sowie die Führer der demokratischen Oppositionsgruppen, die sich größtenteils bereits seit Monaten im Ausland aufhalten. Doch die ehemalige Einheitspartei „Versammlung des togoischen Volkes“ von Präsident Eyadema hat gestern ihre Teilnahme abgesagt. Grundsätzlich sei sie zwar gesprächsbereit, aber der Termin sei zu früh. Das Treffen sollte dazu führen, daß möglichst bald der abgebrochene Demokratisierungsprozeß in Togo aufgenommen und freie Wahlen abgehalten werden können.
Nach Ansicht des Oppositionspolitikers Kobla Kouma, der sich in Deutschland aufhält, sind Verhandlungen über freie Wahlen erst nach einem Rücktritt Eyademas möglich. Der Präsident würde freien Wahlen niemals zustimmen, sondern sie gewaltsam verhindern, weil er wisse, daß er im Volk keine Basis habe, sagte Kouma der „Gesellschaft für bedrohte Völker“. Die Ereignisse der letzten Woche in Lomé scheinen diese Ansicht zu stützen. Eyademas Präsidialgarde hat in der Hauptstadt beispiellose Gewaltakte begangen, Geschäfte und Lagerhäuser geplündert, möglicherweise Hunderte von Menschen erschossen.
Es ist die Zuspitzung eines politischen Konflikts, den die Ausrufung eines unbegrenzten Generalstreiks bereits im November auf eine brisante Ebene gehoben hatte. War es zuvor ein rein politischer Machtkampf zwischen verschiedenen Institutionen, bei der der Präsident seinen militärischen Rückhalt gezielt in politischen Morden und Terrorakten einsetzte, ging es nun darum, wer die faktische Stillegung des Wirtschaftslebens am längsten durchhalten könnte. Da seit fast drei Monaten niemand mehr zur Arbeit geht und alle Ämter und Banken geschlossen sind, findet öffentliches Leben kaum noch statt; die meisten Togoer haben kein Geld mehr und müssen auf andere Überlebensstrategien zurückgreifen. Bewaffnete Raubzüge durch Militär und Polizei gehören zum Alltag. Viele fürchten eine allgemeine Bewaffnung der Bevölkerung und den Bürgerkrieg.
Eyadema, so Oppositionsführer Kouma, hat von der ehemals 13.000 Mann starken Armee etwa 10.000 entwaffnen lassen und den Rest zu seiner Leibwache erklärt. Viele Oppositionelle sind sich außerdem sicher, daß der Präsident professionelle Killer aus anderen afrikanischen Ländern engagiert hat, die auch an den Terrorzügen der letzten Tage in Lomé beteiligt seien. Eine politische Lösung scheint unter diesen Umständen kaum noch denkbar. Dominic Johnson
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