piwik no script img

Sitzen ist für'n Arsch

■ DFB rückt von der Forderung nach reinen Sitzplatzstadien ab

Köln (taz) – Die DFB-Vision von reinen Sitzplatzstadien in der Bundesliga ist erstmal passé. In einer internen Vorlage, die der Ligaausschuß des DFB bei seiner heutigen Sitzung diskutiert, wurde für jeden Bundesligaverein ein gesonderter Vorschlag erarbeitet, in welchem Verhältnis er in Zukunft seinen Besuchern Sitzplätze und Stehplätze anbieten soll. Das bestätigte Hans Florin vom Generalsekretariat des DFB. Grundlage der neuen Empfehlungen ist eine Untersuchung des Besucherverhaltens in den Bundesligastädten innerhalb der letzten fünf Jahre. Je nachdem, wie hoch der jeweilige Stehplatzanteil ist, soll den Vereinen auch künftig ein reduziertes Kontingent an Stehplätzen zugestanden werden. Mit dieser Vorlage reagiert der Verband auf die massive Kritik von Kommunen, Vereinen und Fans an der vor zwei Jahren vom DFB geforderten Umwandlung aller Steh- in Sitzplätze.

Außerdem hat der DFB sowohl beim Europäischen Fußballverband UEFA als auch beim Weltverband FIFA offizielle Vorstöße unternommen, Ausnahmen oder Veränderungen bestehender Beschlüsse herbeizuführen. Seit Herbst 1992 dürfen Spiele im Rahmen der FIFA-Wettbewerbe grundsätzlich nur noch in reinen Sitzplatzstadien ausgetragen werden. Auch bei den Euorpapokalwettbewerben dürfen in der nächsten Saison ab dem Viertelfinale überhaupt keine Stehplätze mehr angeboten werden. „Wir sind in diesem Fall sehr engagiert“, erklärte Florin. Doch wenngleich der Verband bislang weder von der UEFA noch der FIFA eine offizielle Antwort erhalten habe, seien deren Beschlüsse, so Florin, „zur Zeit wohl nicht umzustoßen“.

Beim DFB scheint man sich mit der Novellierung der Beschlüsse auch die Proteste vieler Fußballfans zu eigen gemacht zu haben, die in der bundesweiten Kampagne „Sitzen ist für'n Arsch“ gegen die Abschaffung der Stehplätze demonstriert hatten. Auch in verschiedenen Bundesligastädten waren die Umbauforderungen des DFB auf Kritik gestoßen, weil die Kommunen als Eigner der Stadien für einen großen Teil der Kosten aufkommen müßten. „Wir wollen von dieser absoluten Streichung von Stehplätzen abweichen“, erklärte Florin. Noch unter Verschluß hält der DFB die genauen Zahlen seiner neuen Vorlage, allerdings gehe es laut Florin nach wie vor um die „Umwandlung großer Teile der Stehplatz- in Sitzplatzbereiche.“ Christoph Biermann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen