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Bedenklich und peinlich-betr.: "Verboten, bukolisch, geil" (Friedrich Kröhnkes Roman einer pädagogischen Ost-West-Liebe), taz vom 30.1.93

betr.: „Verboten, bukolisch, geil“ (Friedrich Kröhnkes Roman einer päderastischen Ost-West- Liebe), taz vom 30.1.93

„Liebe ist nie unnatürlich“, wird da Marcel Reich-Ranicki zitiert. Ich halte das in diesem Zusammenhang für einen gefährlichen Mißbrauch des schon so oft entschuldigend gebrauchten Grundwortes, der dem Wunschdenken des Pädophilen entspringt.

Die Freiheit der Sexualität hat für mich ganz klar ihre Grenzen dort, wo die Freiwilligkeit und Freiheit der Beteiligten unterdrückt wird, wo jemandem Gewalt angetan wird. Diese Unterdrückung reicht von der manifesten Vergewaltigung über die Ausnutzung der Situation von Millionen von Kinderprostituierten in aller Welt bis zur subtilen Gewalt, die durch verantwortungslosen Umgang mit den in jeder Begegnung zwischen Erwachsenen und Kindern ungleichen Machtverhältnissen möglich ist.

Auch wenn die Knabenliebe sozusagen klassisch-pädagogische Tradition ist, auch wenn Nabokov mit seiner „Lolita“ die Liebe des reichlich Erwachsenen zum halbwüchsigen Mädchen zu literarischer Höhe und Gesellschaftsfähigkeit erhoben hat, halte ich jede pädophile Beziehung, auch wenn noch soviel von Freiwilligkeit oder gar von Liebe die Rede ist, für eine Benutzung des Kindes zur eigenen Befriedigung. So gesehen ist die Glorifizierung der bukolischen Heiterkeit und „natürlichen“ Sexualität, wie sie in dieser Rezension vorgenommen wird, bedenklich und peinlich.

Diese Peinlichkeit findet auch in kräftig deutsch-naturerotischen Formulierungen, wie „sexuelle Neugierde, die mit dem frischen Stolz, begehrt zu werden, machtvoll erwacht“, ihren sprachlichen Ausdruck. Was die „Wiedererlangung erotischer Zivilität“ anlangt, so bleibt mir zumindest der tiefere Sinn dieses Resümees verschlossen, es sei denn, Herr Krause will uns sagen,daß da nichts kritisch anzugreifen sei.

Im übrigen: Wer Tucholsky als infantilen Schwätzer bezeichnet, disqualifiziert sich selbst. Dr.Jörg Gerstung, München

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