: Wosch, wosch, wosch – ein Hoch der Deutschen Bundespost! Von Herrn Thömmes
Drüben in den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es spezielle Anlagen zur Gehirnwäsche. Alle Reisenden müssen da durch. Noch auf dem Flughafen werden sie nach der Paßkontrolle von (gesprochen:) Sigrids Sörwiss abgegriffen. Unversehens stecken sie in Levis-Hosen, werden mittels blau-weiß-roter Hosenträger mit Sternchen auf Plastikstühle der Firma McNaSiewissenschon geschnallt. Sodann wird den Fremden eine süße, braune Flüssigkeit eingeflößt; dazu tanzen eigens ausgebildete Gehirnwäscher (manch einer hat es zum Millionär gebracht) um die armen Teufel herum und singen Wosch, wosch, wosch – bis ihr schmutzig' Werk vollbracht ist. Dann werden die Reisenden freigelassen und können sich an nichts mehr erinnern.
Später kommen sie dann nach Rottweil und Kassel zurück und schwärmen – selbst Menschen, die man zuvor als halbwegs intakte Antiimperialisten kannte und die, wenn nicht „USA... SA... SS“, so doch immerhin „Ami go home“ auf gutgemeinten Umzügen gebrüllt hatten. „Leute, Leute, Leute“, sagen sie nun, „was für ein tolles Land.“ Solche Schluchten und Wüsten und Städte hätten wir noch nie gesehen, sei ja alles noch viel toller als auf den Fotos und in den Western. „Leute, Leute!“ Am besten aber wären die Yankees „in Dienstleistungen“. Klasse, grandios, spitze, irre, kein Superlativ ist ihnen groß genug, die perfekte Dienstleistungsgesellschaft zu rühmen. Und dann sitze ich wieder blöd rum und muß die Deutsche Bundespost gegen die plötzliche Privatisierungswut der Hirngewaschenen verteidigen.
Die Post ist teuer, langsam, ohne Dienst am Kunden etc. pp. sagen die. Stimmt, sag' ich, und erzähle die Geschichte von einem Paket, dem United Parcel Service (UPS) und mir. Erzähle also, wie montags jemand anruft und fragt, wo ich denn wohne, der Fahrer würde mich nicht finden. Eben sei der Postbote dagewesen mit zwei Buchsendungen, erwidere ich, so schwierig könne das wohl nicht sein. Man verspricht, nachzuforschen und wieder anzurufen. Tags drauf hängt ein Zettel an der Klingel, auf dem zwei Felder angekreuzt sind: Eine Unterschrift wird benötigt; Wir werden morgen wieder vorsprechen. Nichts. Donnerstag ein Anruf meinerseits, und es zeigt sich, daß das gut geschulte UPS-Personal durch fehlerhaftes Verbinden oder sofortiges Auflegen all jene Querulanten, die ernsthaft ihr Paket wollen, abzuschütteln versteht. Es heißt schließlich: Wir sagen dem Fahrer, er möge klingeln. Hö, schreie ich, wie der sich denn sonst bemerkbar mache: durch Rauchzeichen? „Bleiben Sie ruhig“, sagt UPS (Werbung: „24-Stunden-Garantie“), „wir sagen Ihnen morgen früh telefonisch Bescheid.“ Vier Tage schon nicht mehr außer Haus, keine Milch mehr da, kein Brot, kein Apfel. Warten aufs Paket. Gegen 13 Uhr am Freitag Unruhe und Nachfrage von mir und die Antwort, ja, doch, hier liege ein Karton mit dem Vermerk: „Nach drei vergeblichen Zustellversuchen an den Absender zurück.“ Dreiste Lüge, kreische ich und höre, man werde es am Montag auf jeden Fall noch mal versuchen. Ich will es kürzer machen: Als Selbstabholer (!) kam ich noch an das Paket. Seitdem liebe ich die Post, und sollte ich je anderes von mir geben, dann muß ich inzwischen die USA besucht haben – wosch, wosch, wosch.
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