Das Recht der Stärkeren-betr.: "Zur Legitimität von Intervention" von Achim Schmillen, taz vom 13.2.93

Betr.: „Zur Legitimität von Intervention“, von Achim Schmillen, taz vom 13.2.93

Intervenieren – militärisch oder auch wirtschaftlich – können immer nur die Stärkeren.

Stellen wir uns doch einmal vor, die armen Länder wären militärisch stärker als wir. Würden sie da nicht sagen: „Ihr seid Nutznießer einer Weltordnung, bei der Ihr in der EG in riesigen Mengen Lebensmittel vernichtet, obendrein mit Eurer Maßlosigkeit unsere Erde zerstört, während bei uns auch darum jeden Tag 100.000 Menschen qualvoll verhungern?“ Würden sie wegen dieser ungeheuren Verbrechen, welche wir an der Erde und den Menschen begehen, nicht viel mehr Recht haben, bei uns zu intervenieren?

Und können wir uns vorstellen, wenn sich die Völker der Welt einmal gegen uns erheben können, welche Rechnung sie uns in punkto Menschenrechte und Völkermord aufmachen werden? Denn wir sind doch auf eine neue Art die Herrenmenschen, diesmal gegenüber der ganzen verelendeten Menschheit. Ludwig Baumann, Zweiter-

Weltkriegsdeserteur, Bremen

Achim Schmillens Überlegungen laufen letztlich auf einen Weltpolizeistaat hinaus. Wird der nicht angesichts der vielen regionalen Kriege auf der Erde schnell genauso überfordert sein wie heute die Vereinten Nationen?

Schmillen operiert allein mit dem (übrigens europäischen) Menschenrechtskonzept. Das reicht nicht aus für die Ausarbeitung eines „kategoriengeschützte(n) Einmischungskonzept(s)“. Zu den von ihm geforderten Kategorien gehört auf jeden Fall die des „Interesses“; denn allem politischen und militärischen Handeln liegen Interessen zugrunde.

Die Vereinten Nationen sollten sich zunächst auf die theoretische und praktische Vervollständigung nichtkriegerischer Einmischungsinstrumentarien, wie wirtschaftliche Embargos, konzentrieren. Die aus deren Anwendung gewonnenen Erfahrungen erlauben dann wahrscheinlich eine konkrete schrittweise Erweiterung des Konzepts „Intervention“ und – nicht zuletzt – auch dessen zunehmende Legitimität, die durch wachsende Akzeptanz zum Ausdruck kommen wird. Lutz Roemheld, Fröndenberg