Der „Warme Otto“ feiert Jubiläum

■ Erste betreute Wärmestube Berlins besteht seit zehn Jahren

Moabit. Eine kleine muffige Parterrewohnung mit rußenden Kohleöfen in der Waldenserstraße 33 ist für viele Obdachlose der einzige Ort, um einfachste Bedürfnisse zu befriedigen und in einem Schließfach im Keller die wenigen persönlichen Habseligkeiten aufzubewahren. Der „Warme Otto“, Berlins erste von Sozialarbeitern betreute Wärmestube nach dem Zweiten Weltkrieg, feierte gestern zehnjähriges Bestehen.

Die Evangelische Heilands-Kirchengemeinde gründete 1983 den Warmen Otto als dreimonatige Übergangseinrichtung. Für Pfarrer Michael Rannenberg ist das Jubiläum Gelegenheit, „dankbar zu sein und nachzudenken“. Auch wenn er resümierend feststellen kann, daß „sich der Kampf um Gelder und Stellen gelohnt hat“, wirft er dem Senat Konzeptionslosigkeit vor. Mit seinem „vergrößerten Angebot an Wärmestuben“, die es seiner Meinung nach gar nicht geben dürfe, mache der Senat es sich zu leicht. Statt die Obachlosen nur von der Straße zu holen, sollte er Wohnraum schaffen.

Aus der provisorischen Wärmestube mit ehrenamtlichen Mitarbeitern und Honorarkräften wurde eine feste Einrichtung mit fünf SozialarbeiterInnen, die von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales finanziert werden. Nicht selten kommen bis zu hundert Obdachlose täglich, so daß wegen Überfüllung zeitweise geschlossen werden muß.

Sozialarbeiter Johannes Nieden-Keste beklagt, daß der Standard für Wärmestuben „immer mehr absinkt“. Für die im Durchschnitt achtzig Besucher täglich stehen gerade mal 50 Pfennig pro Person zur Verfügung. Das reicht für zweimal die Woche Kaffee und sonst Tee, Stullen mit Dosenwurst und einmal die Woche Eintopf. Fast genauso wichtig wie ein voller Magen sind die sozialen Kontakte, die in der Wärmestube geknüpft werden können. Und das Ausführen kleiner Arbeiten stärkt das Verantwortungsgefühl. Große Unterstützung erhält der Warme Otto von der Gemeinde in Form von Spenden. Und wenn die Lottomittel für den Einbau einer Zentralheizung bewilligt werden, wird dieses Jahr noch renoviert.

Trotz der begrenzten finanziellen Mittel ist der Warme Otto für viele Arbeits- und Obdachlose der einzige Halt. So auch für den dreiundzwanzigjährigen Guido aus Gyritz bei Brandenburg, der vor zweieinhalb Jahren nach Berlin kam. Erst im Warmen Otto, von dem er vor gut einem Jahr hörte, erfuhr er, daß er Anspruch auf Sozialhilfe hat. Zu DDR-Zeiten mußte er seine Lehre wegen des Armeedienstes abbrechen. Jetzt hofft er, mit Hilfe der Sozialarbeiter eine Lehrstelle zu finden, denn er selbst weiß nicht, wie er es anfangen soll. wahn