Georgischer Vergeltungsschlag?

■ Nach dem russischen Luftangriff auf Suchumi

Moskau (AFP/taz) – Georgiens Präsident Eduard Schewardnadse droht Moskau: Nachdem er am Sonntag das durch einen russischen Luftangriff zerstörte Gebiet der abchasischen Hauptstadt Suchumi besucht hatte, kündigte er einen „angemessenen Gegenschlag“ als Antwort auf einen „barbarischen Akt“ an.

Ob dieser barbarische Akt tatsächlich geplant war, ist jedoch – wie bei Meldungen aus dem kaukasischen Kriegsgebiet üblich – weiterhin unklar. So stritt das russische Verteidigungsministerium die Beschießung eines Wohngebietes ab. Bei dem Angriff habe es sich vielmehr um einen Vergeltungsschlag gegen militärische Ziele gehandelt, nachdem „georgische Militärs“ eine in Eschera stationierte russische Militäreinheit bombardiert hätten.

Unter den bei dem Luftangriff Verwundeten befindet sich auch der Journalist Tengis Pachkorija. Er berichtete, daß etwa zwanzig Häuser von den Bomben zertrümmert worden seien. Der Chef des georgischen Nachrichtendienstes, Irakli Batjaschwili, warnte im georgischen Fernsehen vor einem „neuen Afghanistan in Georgien“, falls Rußland die abchasischen Nationalisten aktiv unterstütze.

Die im Westen Georgiens gelegene autonome Republik Abchasien hatte im Juli ihre Unabhängigkeit erklärt. Seither sind russische Einheiten in West-Georgien bereits mehrfach in die Kämpfe zwischen den georgischen Regierungstruppen und den Abchasen verwickelt worden. Zweifel sind jedoch an einer aktiven Unterstützung Abchasiens durch Moskau angebracht. Da die Befürchtungen, in einen „zweiten Kaukasuskrieg“ hineingezogen zu werden, groß sind, hatte Präsident Jelzin im September 1992 Abchasien zur Unterzeichnung eines – bisher nicht umgesetzten – „Friedensabkommens“ mit Georgien gezwungen. Im 19. Jahrhundert hatte Rußland in einem blutigen Krieg die kaukasischen Bergvölker unterworfen, ihre „Konföderation“ unterstützt nun Abchasien. her