: Bastian kündigte Doppelselbstmord an
Abschlußbericht der Staatsanwaltschaft zum Tod von Petra Kelly und Gert Bastian/ Bastian erschoß Kelly und brachte sich danach selbst um/ Fremdverschulden wird ausgeschlossen ■ Aus Bonn Hasso Suliak
Die Umstände des Todes der beiden ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Grünen Petra Kelly und Gert Bastian sind offenbar weitgehend geklärt. Nach Angaben der Bonner Staatsanwaltschaft, deren Ermittlungen gestern für „abgeschlossen“ erklärt wurden, stehe nunmehr fest, daß die tödlichen Schüsse von Gert Bastian auf die im Bett liegende Kelly „wahrscheinlich am 1. Oktober 1992“, also 18 Tage vor der Entdeckung der Leichen, abgegeben wurden.
Mit seiner „Derringer“-Pistole habe Gert Bastian seine Lebensgefährtin Petra Kelly „mit einem aufgesetzten Schuß in die Schläfe“ erschossen. Anschließend, so die Staatsanwaltschaft, habe er sich selbst „mit einem am Scheitel aufgesetzten Kopfschuß“ das Leben genommen.
Nach Mitteilung der Bonner Staatsanwälte haben sich im Zuge der Untersuchungen neue Indizien für die Selbstmord-These ergeben. So sollen mehrere Zeugen aus dem engeren Freundschafts- und Verwandtenkreis bestätigt haben, daß sowohl Gert Bastian als auch Petra Kelly in der Vergangenheit mehrfach Selbstmordpläne geäußert hätten.
Explizit habe Gert Bastian schon im Jahre 1991 einem Freund mitgeteilt, „er sehe phasenweise keine Perspektive mehr für Petra und denke manchmal daran, Petra im Schlaf zu erschießen und dann sich selbst“.
Diese Äußerung sei ein „absolut zuverlässiges Zitat“, bekräftigte Staatsanwaltschaftssprecher Peter Iwand gegenüber der taz. Gleichzeitig betonte Peter Iwand, er wolle mit der Bekanntgabe dieser Worte „einer Legendenbildung entgegenwirken“. Insbesondere in den Vereinigten Staaten sei vielfach von einem „Mord“ an den beiden grünen Politikern gesprochen worden.
Für die Staatsanwälte ist nunmehr auch das „Fehlen eines Abschiedsbriefes“ erklärbar. Da das Motiv der Tat ihrer Meinung nach „offenbar im persönlichen und nicht im politischen Bereich zu suchen ist“, hätten die beiden grünen Politiker schließlich auch keinen Anlaß gehabt, mit einem Abschiedsbrief an die Öffentlichkeit zu gehen.
Unklar bleibt hingegen auch nach den langwierigen Untersuchungen, ob Petra Kelly nun im Schlaf und möglicherweise mit ihrem Einverständnis aus dem Leben schied. Jedenfalls, so erklärte Iwand, seien die beiden Grünen- Politiker „schwer krank“ gewesen. Es heißt, Petra Kelly hätte in den Tagen vor ihrem Tod kaum noch das Haus verlassen und der offenbar krebskranke Gert Bastian habe sich zunehmend um seine kranke Lebensgefährtin gekümmert.
Erste Vermutungen, wonach Petra Kelly und Gert Bastian möglicherweise zum Todeszeitpunkt unter Medikamenteneinfluß standen, konnten umfangreiche kriminaltechnische und toxikologische Untersuchungen dagegen nicht bestätigen. Es hätten sich sowohl bei Kelly als auch bei Bastian „keinerlei Hinweise auf Einnahme und Beibringung von Medikamenten ergeben“, heißt es in dem Abschlußgutachten der Staatsanwaltschaft.
Auch lägen keine Anhaltspunkte für ein sogenanntes „Drittverschulden“ vor. Zwar sei die Terrassentür des Einfamilienhauses im Bonner Norden „zum Zeitpunkt der ersten polizeilichen Feststellungen“ nicht vollständig geschlossen gewesen, jedoch hätten sich „nach eingehender Suche keine Spuren dafür gefunden, daß eine Person durch die Terrassentür das Haus betreten oder verlassen hätte“. Eine funktionstüchtige Alarmanlage sei nicht angeschaltet gewesen.
Schließlich hätten auch Auswertungen von Stasi-Unterlagen keine zusätzlichen, bedeutsamen Erkenntnisse über den Tod von Petra Kelly und Gert Bastian ergeben.
Sogenannte „allgemeine Personenablagen“ hätten sich ausschließlich mit dem Besuch der beiden Politiker in der ehemaligen DDR befaßt.
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