piwik no script img

Soundcheck: Kill The Nation With A Groove / Jefferson Starship / Waltari

SOUNDCHECK

Gehört: Kill The Nation With A Groove. Ein ganzer Abend mit den Auftritten der an dem Sampler Kill The Nation With A Groove (Buback Tonträger) beteiligten deutschen HipHop-Gruppen bewies: Die Zweier-, Dreier- und Viererformationen können ihre Themen mit maximalem Materialreichtum aufbereiten. Musikalisch wie textlich gibt es kaum Grenzen. Ausführungen über „Tony, den Koch“ gehören mit ebensolcher Berechtigung in den Kontext des Raps wie Erörterungen zu den Eigenschaften von HipHop Publikum in der Stadt. Es blieb offen und damit allen Anwesenden zur Anregung überlassen, inwieweit tatsächlich mehr als die angestrebte Ambition, „etwas zu klären“, übrigblieb.

Sämtliche Vorwürfe allerdings,

1die gegenüber dem Auftreten von HipHoppern immer wieder geäußert werden wie angeblich beobachtete Einseitigkeit, Angeberei, unangemessenes Pathos und Hervorrufen von Wir-Gefühlen und die Kritiker-Attacken mit dem Zugehörigkeitsabzugswort „Nicht echt“ verlieren während einer HipHop Jam an Gewicht. Vielmehr scheinen sie überhaupt nur vorgebracht zu werden, weil die Songs eben nicht mehr nur Eigenschaften enthalten, die sich mit den wohl abgehangenen Kriterien aus anderen Musik- Richtungen noch beschreiben lassen. Die meisten Breitseiten gegen HipHop, ob deutsch oder anders, gehören fast ausnahmslos in den Kontext der Kritik, die seit Mitte der 70er Jahre an Rock-Formationen geübt wird.

1Die in der Fabrik auftretenden Bands aber scherten sich kaum um übermäßig viel Identifikations- oder Legitimationsdruck. Die Veranstaltung vermittelte ohne Koketterie den Eindruck, daß es zu brennenden Fragen auch eine Reihe brachliegender Antworten gibt. Und erstaunlichwerweise kommt das Gespräch über Beides ohne die bisherigen Füllstoffe für die legitimierenden Eigenschaften des letzten Jahrzehnts »Cool« und »Collected« aus. Viele heißen andere: Hoffen... Kristof Schreuf

Heute abend: Jefferson Starship. Die Erfolge der Blumenkinder in San Francisco und ihrer lokalen Götter in Bunt haben in ihrer intellektuellsten Spielarten eine Band namens Jefferson Airplane berühmt 1

2gemacht. Gleichzeitig drang ihre

psychedelische Version amerikanischer Folklore so tief in das Unterbewußtsein ihrer weltweiten Gläubiger, daß so mancher Kugelbauch noch heute ins freudige Wippen gerät, wenn er „Somebody To Love“ hört. Vor allem die kosmische Stimme von Grace Slick und die wunderlich-literarischen Texte zündeten die Bewunderung. Songs wie „White Rabbit“ und „Coming Back To Me“ und der Klassiker des „Realistic Pillow“ geisterten durch die Kiffen-auf-dem-Hochbetten-unter-Che-Guevara-Poster-Kultur noch über Punk hinaus. Der zu Jefferson Starship und in den Achtzigern zu Starship geänderte Name versinnbildlichte die innere Auszehrung. Ihre erlösende Andersartigkeit zerstörten sie selbst mit oft ordinärem und schlechtem Pop. Nach 15 Jahren kommt die legendäre Gruppe wieder nach Europa. Auf Grace Slick haben sie allerdings „wegen ihrer überhäufigen Ausflipps verzichtet“. theo

Große Freiheit, 20 Uhr

Heute abend: Waltari. Beim letzten Rock-Hard-X-mas-Festival im Docks standen Waltari gegen all die anderen Krach-Combos eher auf verlorenem Posten. Nun sind die Finnen als Headliner auf Tour um ihren Crossover der Spitzenklasse zu präsentieren. Ihre Arbeitsgeräte beherrschen die vier aus dem Land der Mitternachtssonne hervorragend, was auf dem gelungenen letzten Werk Torch! eindrucksvoll dokumentiert wird. Neben einer recht gelungenen Coverversion von Madonna's Hit „Vogue“ gilt hier aber das Hauptohrenmerk auf den Opener „Lights On“ zu lenken. Eine Nummer mit absolutem Hitcharakter, zudem noch durchaus tanzbar. Doch sie können auch anders, was nicht zuletzt durch ihre persönlichen Vorlieben deutlich wird. Neben Madonna und Ice T finden auch Napalm Death Erwähnung. Andreas Hoffmann

Markthalle, 21 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen