: Massel tow für offene Ohren
■ Klezmer-Tage im Vegesacker KITO mit den Gruppen Klezmorim, Klezmokum und New Klezmer Trio
Das Vegesacker KITO wird immmer mehr zu einer der ersten Adressen des bremischen Kulturbetriebes. Bestes Beispiel dafür sind die Klezmer-Tage von Dienstag (23.3) bis Donnerstag (25.3), die drei der hörenswertesten Klezmer-Ensembles präsentieren werden.
Klezmer, die traditionelle (Tanz-)Musik der jüdischen Bevölkerung Osteuropas, zeichnete sich schon immer durch das Aufgreifen der Einflüsse anderer ethnischer Musikstile aus. Die Klezmer-Musikanten (Klezmorim) entwickelten sich zu Wandermusikern, die über Jahrmärkte zogen und bei Dorffesten aufspielten, nicht nur vor jüdischem Publikum. Sie erweiterten ihr Repertoire um die lokalen Stile und die populären Melodien der Zeit. Daraus entwickelte sich eine Melange, in der sich Stilelemente böhmischer Polkas, russischer Lieder, ungarischer Tänze, von Walzern und Märschen wiederfinden.
Mit der jüdischen Auswanderung in die USA, deren Ursache oft die Flucht vor Pogromen in der osteuropäischen Heimat war, kam auch die Klezmer-Musik in die Vereinigten Staaten. Wie zuvor sogen die Klezmer- Musiker die musikalischen Einflüsse der neuen Umgebung auf: Ragtime und die Stilrichtungen des frühen Jazz. In der Swing- Ära der 40er waren klezmerisierte Klänge im Jazz nicht selten, bekanntestes Beispiel der Swing-Schlager „Bei mir biste scheen“ mit jiddischem Text.
Die drei Gruppen, die im Kito auftreten werden, spielen keine traditionelle Klezmer-Musik. Sie versuchen vielmehr, die Spielhaltung der Klezmer-Musiker, in der auch Improvisation ein wichtiges Moment war, in aktuelle Zusammenhänge zu stellen. Von den Bands stehen The Klezmorim (Di. 23.3.) dem traditionellen Ansatz sicher am nächsten. Das überlieferte Repertoire wird mit Swing-und Oldtime-Jazz-Elementen angereichert. Die 1975 gegründete Gruppe begeisterte auf der letzten Breminale vor allem durch mitreißende Rhythmen und ausgelassene Spielfreude.
Klezmokum, das von dem in Amsterdam lebenden US-amerikanischem Pianisten Burton Greene gegründete Quartett, benutzt dadegen das überlieferte Material lediglich als Ausgangspunkt für Improvisationen. Greene steht ganz in der Tradition der Avantgarde, er zählt zu den Pionieren des us- amerikanischen Freejazz. 1963 gehörte er zu den Begründern des Free Form Improvisation Ensemble, der ersten Formation, die ausschließlich frei improvisierte. Gemeinsam mit dem Klarinettisten Perry Robinson, Tuba-Spieler Larry Fishkind und Drummer Roberto Haliffi entwickelt er eine Art
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von den Herren
mit Musikinstrumenten
Hingehn! Zu Klezmokum, am 24.3. um 20 Uhr im KITO
Free Klezmer. Ausgehend und bezugnehmend auf traditionelle Melodien werden in ausgedehnten Improvisationen differenzierte Klangschattierungen entworfen. (Mi 24.3)
Ähnlich das New Klezmer Trio (Ben Goldberg-cl, Dan Seamans-b, Kenny Wollesen-dr). Goldberg, ehemaliges Mitglied der Klezmorim, sagt zum Ansatz des Trios: „Wir waren es müde, museale Musik aufzuführen und gründeten dieses Trio, um frei vom Zwang zu bleiben, 'authen- tisch sein zu müssen.“ Das New
Klezmer Trio löst sich noch weiter als Klezmokum von den Traditionen. Der Bezug wird nur angedeutet, beispielsweise in einer kurzen Klarinettenlinie, um dann in behutsamen und vielschichtigen Improvisationen zerlegt und erweitert zu werden, oft in fast kammermusikalischer Form. (Do. 25.3.)
„Massel tow“ (Was für ein Glück) für alle, die den Weg ins KITO zu einem der Konzertereignisse des Jahres finden! Arnaud
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