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„Teilerfolg“ gegen Drogenstrich: Viertelinitiativen ziehen Bilanz

■ Viertelinitiativen ziehen Zwischenbilanz nach der Zerschlagung

„Das ist ein deutlicher Teilerfolg“, freute sich gestern Helga Noltenius. Selten werden PolitikerInnen von den BürgerInnen gelobt, gestern ist Innensenator van Nispen die Ehre zuteil geworden. Voller Dankbarkeit für den Herrn über die bremische Polizei zogen gestern die Viertelinitiativen rund um die Friesenstraße Zwischenbilanz gut fünf Monate nach dem Senatsbeschluß zur Zerschlagung des Drogenstrichs im Steintor. Und die ist durchweg positiv: Nur noch ein Drittel der Prostituierten sei sichtbar auf der Straße, der Strich an der Friesenstraße ist ganz verschwunden, die Kinder trauen sich wieder auf den Spielplatz. Die Schließung der Hilfsangebote und die verstärkte Polizeipräsenz haben Wirkung gezeigt, so die AnwohnerInnen. Helga Noltenius über ihre Beobachtungen in der Humboldtstraße: „Wenn die Polizei vor Ort ist, dann gehen die Frauen weg.“

Während die Anwohner rund um die Bauernstraße und die Sielwallkreuzung nach wie vor klagen, daß sich an der offenen Szene nichts zum Positiven geändert habe, sind die steintorschen Initiativen vollauf zufrieden. Und es sei nicht allein der kalten Witterung geschuldet, daß weniger Frauen auf der Straße stünden. Stefan Schafheitlin von „Wir im Viertel“: „Wir versuchen, das Problem saisonbereinigt zu sehen.“ Die Anwohner haben beobachtet, wie sowohl die Drogenprostituierten als auch die Freier auf die Polizeikontrollen reagieren: Allergisch. Nach Angaben der zuständigen Polizei- Sondergruppe seien nur noch fünfzehn bis zwanzig Frauen von ursprünglich sechzig auf der Straße. Nachdem die Polizei über lange Jahre nichts gegen die Straßenprostitution im Sperrgebiet getan habe, so die AnwohnerInnen, werde jetzt kontrolliert und mit Bußgeldern gedroht. Was die Freier offensichtlich am meisten schreckt, ist die Drohung mit einer schriftlichen Ladung zur Zeugenvernehmung. Bevor die riskieren, daß die Ehefrau den Brief aufmacht, überlegen sie es sich zweimal, ob sie weiter mit dem Wagen in den Viertelstraßen kreuzen.

Den AnwohnerInnen ist klar, daß die „Zerschlagung“ des Strichs für einen größeren Teil der Prostitution nur eine Verlagerung ist. Doch auch das sei akzeptabler, als der Zustand zuvor. Maria Busch, Vorsitzende des Spielplatzvereins in der Friesenstraße: „Mit der Betreuung ist das warme Nest für die Prostituierten verschwunden. Sie haben jetzt größere Schwierigkeiten. Man kann kein Umfeld bieten, das der Perversität gerecht wird.“

Nun fürchten die AnwohnerInnen, daß zum Sommer das Problem wieder zurückkommt, wenn sie nicht aufpassen. Maria Busch: „Wenn wir keinen Druck machen, sind die wieder da.“ Deshalb fordern sie, daß die Polizei weiter kontrollieren und daß das Sozialressort die Hilfen zum Ausstieg verstärken soll. Helga Noltenius: „Das ganze funktioniert nur, wenn man die Prostitution auf Null bringt. Sonst kommt das wieder zum Ausbruch.“ J.G.

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