: Rabins Geste bleibt eine Geste
Israels Anerkennung der UNO-Resolutionen 242 und 338 als Gesprächsbasis ist praktisch wertlos / Doch gilt eine arabische Beteiligung an der nächsten Nahost-Runde nun als sicher ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Die von Rabin verkündete Anwendbarkeit der UNO-Resolutionen 242/338 im Rahmen der „Autonomie“-Verhandlungen mit den Palästinensern hat gegenwärtig keine praktische Bedeutung. Denn Rabin hält an der auch schon früher von Israel vertretenen Interpretation dieser Resolutionen fest: danach handele es sich zwar um die Forderung nach einem Rückzug aus Gebieten, die von Israel 1967 besetzt worden sind, nicht aber aus allen besetzten Gebieten. Bekanntlich sollen die Verhandlungen mit den Palästinensern über eine zukünftige definitive Lösung erst nach drei Autonomiejahren unter weiter bestehender israelischer Besatzung beginnen. Und erst im Rahmen dieser Verhandlungen, die bestenfalls 1996 oder 1997 starten können, würden die Resolutionen 242/338 in ihrer israelischen Interpretation zur Anwendung kommen.
Wenn Ägyptens Präsident Hosni Mubarak sich nicht sehr irrt, scheint einer Wiederaufnahme der Nahost-Friedensgespräche dennoch nichts mehr im Wege zu stehen: Mubarak hat dem israelischen Premier Jizchak Rabin definitiv zugesagt, daß sich die Palästinenser und alle anderen arabischen Delegationen an den Verhandlungen beteiligen werden, die am 20. April in Washington beginnen. Dies erklären jedenfalls israelische Teilnehmer des gerade beendeten Gipfeltreffens in Ismailia. Eine offizielle arabische und palästinensische Entscheidung wird allerdings erst heute in Damaskus erwartet. Von seiten der PLO heißt es, für die Palästinenser gäbe es nun keine unüberwindlichen Hindernisse für die Teilnahme mehr.
Präsident Mubarak, so behaupten die israelischen Beamten in Rabins Gefolge, unterstützt Rabins Standpunkt in bezug auf das „Paket der Gesten“, das bereits zwischen Washington und Jerusalem abgesprochen wurde: die den Palästinensern entgegenkommenden Maßnahmen sollen erst verkündet werden, wenn die palästinensische Delegation zu den Verhandlungen erscheint. Das „Paket“ erfüllt nur teilweise die palästinensischen Forderungen. Nur etwa 50 der 415 im Dezember deportierten Palästinenser werden bis zum Sommer zurückkehren können; der Rest muß bis Jahresende warten. Andererseits wird Israel bereit sein, drei Dutzend von ungefähr 1.200 Palästinensern, die vor der Intifada deportiert worden sind, die Rückkehr in die besetzten Gebiete zu gestatten.
Erwartet wird auch ein Versprechen Israels, eine gemeinsame Kommission mit der PLO zur Überwachung der Menschenrechte in den besetzten Gebieten einzurichten, sowie die Erlaubnis, die Feisal Husseini erteilt wird, die Leitung aller palästinensischen Verhandlungsdelegationen zu übernehmen. Husseini durfte bisher als oberster Berater fungieren, weil sich Israel weigerte, einen Vertreter aus Jerusalem als volles Delegationsmitglied anzuerkennen. Rabin erklärt diese Konzession jetzt damit, daß sich eines der Häuser Husseinis eigentlich in einem Dorf am Westufer befindet.
Israelischerseits wird betont, daß die Anerkennung der Führerrolle Husseinis bei der palästinensischen Delegation keineswegs bedeutet, daß die Frage der Zukunft Jerusalems jetzt auf die Tagesordnung der „Autonomie“-Verhandlungen gesetzt werden könne. Dagegen wertet PLO-Berater Dr. Nabil Shaath dies als einen symbolischen Akt, der zeige, daß man auch über Jerusalem verhandeln kann.
Israelische Teilnehmer an dem Treffen von Ismailia fanden die Atmosphäre dort „überraschend gut“: Mubarak wäre in vollem Einverständnis mit Rabin, hätte nichts verlangt; und Rabin erzählte angeblich, daß in Ismailia die Grundlage für einen koordinierten Kampf gegen die verschiedenen Formen des islamisch-fundamentalistischen Terrors und gegen den Iran als Quelle aller Übel gelegt worden sei. Israelische Medien berichten, daß Mubarak und Rabin sich einig sind, daß es dabei zu einer Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste kommen müsse.
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