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Keine Hochzeitsglocken für Schwule

■ Landgericht Bremen lehnt Ehe von Homosexuellen ab / Aktion zum Recht auf Ehe

Hella wird von Sinnen sein. Denn auch in Bremen können gleichgeschlechtliche Paare nicht standesamtlich heiraten. Das entschied das Landgericht Bremen am ersten April. In dem jetzt veröffentlichten Urteil lehnt die 2.Zivilkammer des LG Bremen die Klage eines homosexuellen Männerpaares ab, das vor dem Standesamt das Aufgebot bestellen wollte und ihr Eheglück nun durch die Instanzen erfechten will.

Die Kläger, zwei Männer im Alter von 33 und 58 Jahren, hatten sich auf ein Recht zur Eheschließung aus Artikel 6 des Grundgesetzes (“Ehe und Familie“) berufen. Für die Definition des Begriffs „Ehe“ komme es nicht auf Fortpflanzungsfähigkeit, kirchliche Auffassungen oder gesellschaftlich herrschende Begriffsvorstellungen an. Auch die Gerichte könnten gleichgeschlechtliche Ehen erlauben, ohne auf neue Gesetze zu warten, so die Kläger.

Dem widersprach das Landgericht. In allen einschlägigen Gesetzen wie dem BGB, dem Ehegesetz und dem Personenstandsgesetz, werde die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau charakterisiert. Gesetzgeber, Rechtsprechung und herrschende Auffassung gingen nicht davon aus, daß gleichgeschlechtliche Partner die Ehe eingehen könnten. Besondere Nachteile, so das Urteil, entstünden den Antragstellern bei einem Eheverbot nicht. Die benachteiligenden Normen müßten einzeln unter diesem Aspekt auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft werden.

Deutlich wird in dem Urteil die Meinung des LG Bremen, eigentlich die falsche Adresse für die Diskussion um die Ehe von Homosexuellen zu sein. Eigentlich zuständig sei der Gesetzgeber. Wenn in den Gesetzen ein Begriff bewußt verwandt werde, sei es „der Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung versagt, diesen Begriff wider den Willen des Gesetzgebers und gegen den allgemeinen Sprachgebrauch auszulegen.“

Die Rechtsanwältin der Kläger, Maria-Sabine Augstein aus dem bayerischen Tutzing, will das Verfahren in Bremen in die nächste Instanz, vor das Oberlandesgericht, bringen. Bundesweit vertritt sie 36 schwule und 7 lesbische Paare, die sich das Recht auf Eheschließung erstreiten wollen. Die Aktion begann im August 1992, als 250 Paare in Deutschland das Aufgebot bestellten, unter ihnen das Prominenten-Paar Hella von Sinne und Cornelia Scheel. Gegen die Ablehnung durch die Standesbeamten zogen die schwulen und lesbischen Paare dann vor den Kadi. „Das Amtsgericht Frankfurt hat uns in sechs Fällen Recht gegeben, alle anderen Gerichte haben uns abgelehnt. Jetzt habe ich für zwei Paare Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt“, sagt Augstein. Wenn die Definition der Ehe im Grundgesetz als Verbindung von Mann und Frau schon nicht zu kippen sei, sei es zumindest nicht mit der Verfassung zu vereinbaren, daß es für homosexuelle Paare keinen Ersatz einer behördlich abgesegneten Beziehung gebe. „Wir wollen dann wenigstens wie in Dänemark oder Norwegen eine registrierte Partnerschaft und den Angehörigenstatus bekommen.“ bpo

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