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Dem Haus des Lehrers geht es wie dem häßlichen Entlein: Keiner will es

■ Übernahme durch Bezirksamt Mitte nur mit einem Sonderetat / Noch keine Einigung zwischen Senat und Bezirk

Berlin. Wie dem „häßlichen Entlein“ in der rührenden Andersen-Geschichte geht es dem Haus des Lehrers nahe dem Alexanderplatz. Keiner will es haben. Das denkmalgeschützte Gebäude wie auch die angrenzende Kongreßhalle sind Eigentum des Landes Berlin. Verwaltet und genutzt wird der Zwölfgeschosser von rund 100 Mitarbeitern der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport. Zudem befinden sich darin ein Restaurant und die Pädagogische Zentralbibliothek mit rund 500.000 Bänden.

Bereits am 15. Dezember 1992 war das Haus dem Finanzvermögen des Bezirksamtes Mitte zugeordnet worden, das kurz darauf gegen diesen Vorgang Einspruch erhob. Seitdem jonglieren Senat und Bezirk den ungeliebten Stahl-Beton-Klotz hin und her. Gespräche zwischen allen Beteiligten führten bislang zu keinerlei Ergebnissen.

Solange das Haus von der Senatsschulverwaltung belegt und für das Bezirksamt Mitte nicht nutzbar sei, wolle der Bezirk auch nicht die Unterhaltungskosten tragen, bringt der Bildungsstadtrat von Mitte, Dankwart Brinksmeier (SPD), die Haltung seiner „Bezirksregierung“ auf den Punkt. Die Übernahme des Gebäudes zu den derzeitigen Konditionen nannte Brinksmeier ein „unsittliches Angebot“ des Senates. Nur wenn der Senat dem Bezirk einen Sonderetat für das Haus einräume, ließe sich über eine Übernahme reden. Bedarf an den Räumen besteht seitens des Bezirkes auf jeden Fall. Brinksmeier konnte sich durchaus vorstellen, das Haus des Lehrers in das Rathaus Mitte zu wandeln. Dazu müsse aber der Sanierungsaufwand und das Flächenangebot erst geprüft werden.

Die im Haus des Lehrers untergebrachten Abteilungen könnten ihre Büros derzeit nicht entbehren, betonte Sabine Puths, Pressesprecherin der Senatsschulverwaltung. Ein Ausweichangebot stehe frühestens in elf Monaten zur Verfügung. Dennoch habe die Verwaltung ein Interesse daran, das Institut für Lehrerbildung in dem Haus am Alex unterzubringen. Abschließend sei die Nutzung des Gebäudes aber noch nicht geklärt.

Für den Pressesprecher der Senatsfinanzverwaltung, Thomas Butz, ist der Boykott des Bezirksamtes Mitte unverständlich. Die Mittel für die Unterhaltung des Gebäudes kämen ohnehin aus dem Landesetat. Sie würden nach einer Übernahme ins Finanzvermögen des Bezirkes nur umgeschichtet. Zudem müsse sich der Bezirk auch um Grundstücke kümmern, die er nicht nutzen könne. Dies sei allgemein üblich.

Das Haus des Lehrers und die zweigeschossige Kongreßhalle, die auf einem Grundstück liegen, waren im Zuge der Neugestaltung des kriegszerstörten Alexanderplatzes auf dem Standort des früheren Lehrervereinshauses errichtet worden. Nach dreijähriger Bauzeit wurden beide 1964 übergeben. Den 125 Meter langen und sieben Meter hohen Fries, damals ein Pilotprojekt in Ostberlin, gestaltete der Berliner Künstler Walter Womacka. Dorit Knieling/adn

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