"Pommerscher Krumstiel" oder. . .

■ . . . "Grüner Winterstettiner" heißen die Alternativen zum vitaminarmen und faden Importobst

Importobst

Der April ist ein schlechter Monat für einheimisches und saisongerechtes Obst. Die gelagerten Apfel- und Birnenbestände aus der letzten Ernte gehen zur Neige, frische Beeren gibt es frühestens im Mai.

Da muß der Früchte-Freund schon mal häufiger zu Importobst greifen. Daß weitgereiste und exotische Früchte besonders vitaminreich seien, ist allerdings eher ein Gerücht. Denn Kiwis, Bananen und Äpfel aus fernen Ländern halten meistens nicht, was die offiziellen Nährwert-Tabellen versprechen. Die pelzige Kiwifrucht, gerühmt als Vitamin-Hit, enthält zwar bei der Ernte tatsächlich stattliche 100 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm Fruchtfleisch. Aber Vitamine sind äußerst empfindlich gegen Licht, Luft und Hitze. In Obst, das nicht mehr am Baum hängt, werden sie zudem nach und nach auf natürlichem Wege zersetzt. Auf der Reise von Neuseeland nach Norddeutschland verliert die quietschgrüne Frucht deshalb rund 30 Prozent ihres Vitamin C, wie der Münchner Ernährungswissenschaftler Günther Wolfram ermittelte. Auch im Apfel aus Südafrika oder Chile schwinden die Vitamine, bevor er hierzulande in der Obstschale landet. Die zum Export bestimmten Früchte werden im Ausland unreif gepflückt, damit sie den strapaziösen Transport überstehen und reifen dann oft monatelang im Kühlhaus nach. Ihren vollen Vitamingehalt können solche Äpfel gar

1nicht erst erreichen, weil sie schon vor der Reife von der Nährstoffzufuhr abgeschnitten werden.

Insbesondere in chilenischen Granny-Smith-Äpfeln und französischen Golden Delicious fand die Bundesforschungsanstalt für Ernährung nur noch Spuren von Vitamin C. Hiesige Sorten wie Cox Orange und Boskoop enthalten schon von Natur aus mehr. Renner sind Äpfel

1aus dem Bio-Anbau. Bei gleicher Sorte sind sie vitaminreicher als die konventionell erzeugten Billig-Konkurrenten. Das ergaben Untersuchungen des Ökotest-Magazins. Die makellosen Importäpfel aus der Folie sind zu alledem noch nahezu geschmacksneutral. Die verfrühte Ernte verdirbt auch das Aroma, das sich am besten in der Sonne entwickelt. Wahre Delikatessen dage-

1gen sind alte Apfelsorten aus deutschen Landen, die zur Freude vieler Feinschmecker gerade eine Renaissance bei Obstbauern erleben. Die fast vergessenen kulinarischen Geheimtips haben Namen wie „Roter Berlepsch“, „Grüner Winterstettiner“, „Pommerscher Krummstiel“, „Danziger Kantapfel“ und viel Vitamin C dazu.

Vera Stadie