: 3,3 Millionen Menschen ohne Arbeit
■ Rezession im Westen und Stagnation im Osten / Das Frühjahr rettet die Zahlen / Hohe Steigerungsraten bei Arbeitslosigkeit in Bayern und Baden-Württemberg
Nürnberg (taz) – Nur „wenig Lichtblicke“ konnte der Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, bei der Bekanntgabe der aktuellen Arbeitsmarktdaten orten. Saisonbereinigt hat die Arbeitslosigkeit in den alten Bundesländern im April gegenüber dem Vormonat um 35.000 zugenommen. Der Ost-Arbeitsmarkt habe sich dagegen „nicht verschlechtert“. Unter dem Strich waren Ende April über 3,3 Millionen Menschen in Ost und West ohne Stelle.
Vor allem die Rezession im verarbeitenden Gewerbe machte Jagoda für die negative Entwicklung in den alten Bundesländern verantwortlich. Im April waren 2.196.700 Arbeitslose bei den Arbeitsämtern registriert. Das sind zwar 26.600 weniger als im März, doch die Abnahme ist weitaus kleiner als sonst im Frühjahr üblich. Im Vergleich zum April des letzten Jahres ist die Zahl der Arbeitslosen gar um knapp 450.000 gestiegen.
Der konjunkturelle Abschwung im Westen hat zwar alle Regionen erfaßt, am stärksten zu Buche schlägt er aber dort, wo man bislang mit niedrigen Arbeitslosenquoten und Kurzarbeiterzahlen geglänzt hatte, im Süden. Im Bundesdurchschnitt liegt die Arbeitslosigkeit derzeit um 26 Prozent über dem Vorjahresniveau, das „Musterländle“ Baden-Württemberg verzeichnet gar ein Plus von 50 Prozent, Bayern von 33 Prozent.
In den neuen Bundesländern registrierten die Arbeitsämter im April mit 1.117.900 Arbeitslosen 22.700 weniger als im März. Die Quote beträgt jetzt 14,7 Prozent. Den Rückgang führt die BA auf jahreszeitliche Einflüsse zurück. Zudem baue sich „langsam eine Stille Reserve“ auf dem Arbeitsmarkt-Ost auf. Zahlreiche Personen zögen sich vorläufig vom Arbeitsmarkt zurück.
Die Vielzahl von Einschränkungen im Arbeitsförderungsgesetz und finanzielle Kürzungen schlagen in einem starken Rückgang von Arbeitsbeschaffungs- und Fortbildungsmaßnahmen zu Buche. 32.000 weniger ABM als im Vormonat und 130.000 weniger als im Vorjahr sprechen eine deutliche Sprache. Trotzdem wird der Arbeitsmarkt-Ost durch ABM, Kurzarbeit, berufliche Weiterbildungsmaßnahmen, Altersübergangs- und Vorruhestandsgeld noch um 1,6 Millionen entlastet. Das ist aber eine Viertelmillion weniger als ein Jahr zuvor.
Sorgen bereitet der Bundesanstalt für Arbeit die Entwicklung in den grenznahen Regionen zu Polen und der Tschechischen Republik. Dort nahm die Arbeitslosigkeit meistens nur wenig oder gar nicht ab. Daß dort ein neues Zonenrandgebiet mit all seinen Problemen am Entstehen ist, wollte BA-Präsident Jagoda „nicht ganz ausschließen“.
Die SPD befürchtet, daß es in den neuen Bundesländern in naher Zukunft zu einer „Lehrstellenkatastrophe“ kommen könnte. Bundesgeschäftsführer Karlheinz Blessing sagte gestern in Bonn, von den rund 140.000 Jugendlichen, die sich in Ostdeutschland um einen Ausbildungsplatz beworben hätten, seien im laufenden Ausbildungsjahr lediglich knapp 80.000 erfolgreich gewesen. B. Siegler
Zahl der Arbeitenden sinkt
Wiesbaden (AP) – Die Konjunkturflaute hat die Zahl der in Westdeutschland arbeitenden Menschen erneut kräftig nach unten gedrückt. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes waren im März noch 28,6 Millionen Personen als Arbeitnehmer, Selbständige oder mithelfende Familienangehörige beschäftigt, rund 440.000 weniger als im Jahr zuvor. Gegenüber dem Vormonat sei die Zahl saisonbereinigt um 60.000 gesunken.
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