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Gewaltursachen: alles multifaktoriell!

■ Schulpsychologe Michael Grüner bestreitet Zusammenhang von Schulform und Gewaltproblem

bestreitet Zusammenhang von Schulform und Gewaltproblem

Ist es so? Dort, wo es Berichtszeugnisse, Klassenlehrerprinzip und überschaubare Schulgrößen gibt, gibt es weniger Gewalt? „Das sind Mythen“, sagt Hamburgs oberster Schulpsychologe Michael Grüner zu den Thesen des Erziehungswissenschaftlers Peter Struck. Es sei kein Zusammenhang zwischen Schulleistung, Schulform und Gewaltproblem erkennbar. Lediglich bei Hamburgs Förderschulen gebe es eine größere Belastung. Auch mit Stadtteilzugehörigkeit habe das Ganze nichts zu tun. Grüner: „Es gibt Schulen, wo Gewalt ein Un-Thema ist und eine Schule drei Straßen weiter, wo sie ganz doll drunter leiden.“

Der langjährige Mitarbeiter der Schülerhilfe hat maßgeblich die Hamburger Gewaltsstudie mit durchgeführt, für die 169 der 421 Hamburger Schulen befragt wurden (s. Kasten). Jetzt steht er dem Ein- Mann-Referat „Prävention und Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen“ vor, das die Schulbehörde pronto aus der Taufe gehoben hat, nachdem das Thema durch die Veröffentlichung der Studie im letzten Herbst „sprachfähig“ (Rosemarie Raab) geworden war. Inzwischen habe es eine Reihe von Gesprächen, pädagogischen Konferenzen, mit den betroffenen Schulen gegeben. Letztlich, so Grüner, sei die gesamte Schülerhilfe (60 Mitarbeiter) mit dem Gewalt-Thema befaßt. Aber auch Fachtagungen, Veranstaltungen im Institut für Lehrerfortbildung und Arbeitskreise (Schulbehörde) wurden organisiert.

Dennoch, bei der Erforschung der Ursachen befinde man sich immer noch auf dem Stand des Mittelalters, beim Versuch Gold zu erfinden. Das wichtigste sei daher der schulindividualisierte Ansatz: „Man muß die Arbeit vor Ort an den Schulen machen“. Die Konflikte seien von Schule zu Schule so unterschiedlich, sprich „multifaktoriell“. Grüner: „Gewalt ist halt das Thema, das wie ein Bohrmeißel in die Schulen reingeht, um nochmal heftig Pädagogik zu diskutieren.“

Dabei sieht der Psychologe keinen Anlaß für eine Entwarung, á la „Alles nicht so schlimm.“ Aber: „Man kann mit diesem Thema Hysterien hervorrufen, wo es tatsächlich keines ist“. Das wiederum findet er nicht so schlimm. kaj

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