: Planung muß her
■ betr.: "Rätsel um Großbrand" von Severin Weiland, taz vom 17.5.93
betr.: „Rätsel um Großbrand“ von Severin Weiland,
taz vom 17.5.93
Bereits seit über eineinhalb Jahren weisen die Bürgerinitiativen „Nelly-Sachs-Park“, die AG Gleisdreieck und die BI Westtangente und andere die Öffentlichkeit auf das skandalöse Umgehen mit dem Gleisdreieck-Gelände hin. Abgesehen von der Fläche, die die Bahn wirklich braucht, soll hier nach den Beschlüssen des zuständigen Bezirks Kreuzberg sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz ein Grüngelände (Naturpark) entstehen. Und zwar deshalb, weil die Bezirke Kreuzberg und Schöneberg mit Grün völlig unterversorgt sind, während sie mit giftluftbelasteten Straßen absolut „überversorgt“ sind.
In Köln hat der damalige Oberbürgermeister Adenauer, CDU, sogar in der schwierigen Zeit gleich nach Kriegsende für breite Grüngürtel gesorgt. Und zwar, weil man schon seit Jahrzehnten weiß, daß Parks und Grünflächen in Großstädten unabdingbar sind. Die Bäume filtern einen Gutteil der giftigen Stoffe aus der Luft und wirken mildernd auf das andernfalls wüstenartige Stadtklima. Baumbestände sorgen für die in Großstädten unabdingbaren Luftbewegungen. Parks als Erholungsgebiete sind für die ständig Lärm und Gestank ausgesetzten Großstadtbewohner lebensnotwendig. Die genannten Bürgerinitiativen und andere haben deshalb seit Jahren eine „Grüntangente“ quer durch die Riesenstadt Berlin entlang des Reichstagsgebäudes gefordert. Nur so kann der Auszug der Bürger ins Umland, der weitere kostspielige Infrastrukturmaßnahmen wie Straßen und S-Bahn-Strecken zur Folge hätte, die die finanziellen Möglichkeiten Berlins bei weitem übersteigen würden, vermieden werden.
Statt dessen hat die Vermögensverwaltung der Reichsbahn, VdeR, das Reichsbahngelände an halbkriminelle Firmen vermietet, die mehr Land als ihnen zustand, an teilweise noch dubiosere Klitschen unterverpachtet haben. Diese Firmen haben über Nacht die Bäume abgeholzt und den Boden quasi systematisch mit auslaufendem Öl etc. verseucht. Die Entsorgungskosten übersteigen die Möglichkeiten dieser Firmen bei weitem. Eine Katastrophe wie der Großbrand am letzten Wochenende war angesichts dieses Umgehens mit öffentlichem Gelände (die Bahn ist kein Privatunternehmen und wird auch nach einer „Privatisierung“ niemals als gewöhnlicher „Privatbetrieb“ funktionieren können!) nahezu abzusehen. Es kann aber nicht angehen, daß eine Landesregierung wie der Berliner Senat die Gesundheit und das Wohlergehen der Bürger durch Ignoranz dermaßen aufs Spiel setzt.
Wir fordern daher, daß die zuständigen Behörden jetzt endlich vernünftige Pläne für dieses Gelände entwickeln, die auch die Interessen der in dieser Gegend wohnenden Bürger/innen berücksichtigen. Dazu gehört die rasche Wiederaufforstung des Geländes, übrigens auch und gerade rings um die U-Bahn-Baustelle. Um weitere Beschädigungen des Grüns durch verantwortungslose Privatfirmen und Bauvorhaben zu verhindern, müssen die noch verbliebenen und neu anzulegenden Baumbestände vorübergehend eingezäunt werden. Der lange geplante Rad-/Fußweg quer durch das Gelände, der die Anwohner vor den Giftschwaden der Yorckstraße bewahrt, sollte dabei endlich angelegt werden. Elisabeth Meyer-Renschhausen, Berlin, für die Interessengemeinschaft Gleisdreieck
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