: Israel: Gesetzesinitiative gegen Folter
■ Die Regierung will den Vorschlag gar nicht erst zur Debatte stellen
Tel Aviv (taz) – Neun Knessetmitglieder, die vier verschiedenen Fraktionen angehören, haben jetzt bekanntgegeben, daß sie in der kommenden Woche einen Gesetzesvorschlag einbringen werden, der Folter bei Verhören von Häftlingen in Israel und den besetzten Gebieten verbietet und Verstöße mit sieben bis zwanzig Jahren Gefängnis bestraft.
Auf einer Pressekonferenz in der Knesset wies eine der Initiatorinnen, die Meretz-Abgeordnete Nomi Chazan, darauf hin, daß Israel noch immer keine Verfassung und auch kein Gesetz zur Wahrung der Menschenrechte hat. Es gebe also keinen Schutz gegen die Folter, die israelische „Sicherheitsbehörden“ routinemäßig anwendeten, sagte sie. In der israelischen Gesellschaft sei Folter ein tabuisiertes Thema. So werde verhindert, daß Schritte dagegen unternommen würden.
Jael Dayan, Abgeordnete der Arbeitspartei, fügte hinzu, es komme immer wieder vor, daß verdächtige Personen sich unter Folter zu Verbrechen bekennen, die sie nie begangen haben. Bestimmte Arten der Folter seien im „Umgang“ mit arabischen Verdächtigten Routine. Gegen jedes zweite Folteropfer unter den Arabern werde schlußendlich keine Anklage erhoben.
Ein Gesetz gegen Folter würde die derzeit offiziell zugelassene Anwendung von „mäßigem physichem Druck“ – beziehungsweise das, was israelische Beamte im Umgang mit den Gefangenen darunter verstehen wollen – zu einer strafbaren Handlung machen. Die Regierung hat zwar die internationalen Abkommen gegen Folter unterzeichnet, beabsichtigt jedoch nicht, ein israelisches Gesetz gegen Folter einzubringen. Sie hat sich jetzt erneut gegen ein solches Gesetz ausgesprochen und will den Vorschlag gar nicht erst zur Debatte kommen lassen.
Während der Pressekonferenz der neun InitiatorInnen legte der palästinensische Psychiater Iyad Sarj eine von ihm und Suhel Al-Salami verfaßte, detaillierte Statistik über 500 Einwohner von Gaza vor, die nach eigener Aussage verschiedenen Formen der Folter unterzogen wurden, während sie in U-Haft verhört wurden oder im Gefängnis saßen.
Anfang nächster Woche findet in Tel Aviv – parallel zur UNO- Menschenrechtskonferenz in Wien – eine Tagung zum Thema „Der internationale Kampf gegen Folter und das israelische Beispiel“ statt. Organisatoren sind die „Gesellschaft der israelischen und palästinensischen Ärzte für Menschenrechte“ und das „Komitee gegen Folter in Israel“. VertreterInnen von Menschenrechtsorganisationen, ExpertInnen und bekannte Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland haben ihre Teilnahme zugesagt. Amos Wollin
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