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Kumpel kämpfen weiter

■ Fordern bundesweite Hungerstreiks

Berlin (dpa/taz) – Nach den gescheiterten Bonner Gesprächen über den Bestand des Kali-Bergwerks Bischofferode setzt die Belegschaft auf Solidarität in ganz Deutschland. Die 38 hungerstreikenden Kumpel und Bergmannsfrauen riefen gestern bundesweit zu Hungerstreiks als Zeichen der Unterstützung auf und erklärten ihren Protest zur Sache aller von Betriebsstillegungen und Rationalisierung bedrohten Beschäftigten in Deutschland. Eine Belegschaftsversammlung rief zu einem „Internationalen Solidaritätstag“ am 1. August auf. Auch Arbeitsplatzangebote aus Bonn und Erfurt könnten die Kumpel nicht annehmen, hieß es. „Eine Sonderbehandlung hätte jeder geschlossene Betrieb verdient“, sagte Betriebsratschef Heiner Brodhun.

„Es geht um Arbeit und Brot für alle“, hieß es in dem in der Nacht zum Freitag einstimmig verabschiedeten Aufruf der Hungerstreikenden. Die Bundesregierung müsse zum Einlenken auf eine Politik der Sicherung aller Arbeitsplätze überall gezwungen werden. Beschäftigte in Ost- und Westdeutschland sollten mit drei- bis viertägigen Hungerstreiks in Betrieben und anderen öffentlichen Stellen ihre Solidarität demonstrieren. Zum Solidaritätstag erwarten die Hungerstreikenden 2.000 Belegschaftsvertreter anderer Unternehmen. Zudem seien Fernsehteams und Journalisten aus europäischen Ländern von Spanien bis Dänemark eingeladen.

Der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff nannte das Angebot aus Thüringen, 750 Dauerarbeitsplätze anzubieten, „ein fruchtloses Unterfangen“. Zugleich warnte er angesichts des Bonner Angebotes, Arbeitsplätze befristet zu garantieren, vor einem Präzedenzfall. Auch andere könnten dann eine solche Hilfe verlangen, die der Steuerzahler finanzieren müsse.

Vertreter des Betriebsrats versuchten gestern in Berlin zu erreichen, daß sich das Bundeskartellamt in die Prüfung der Fusion west- und ostdeutscher Kali-Betriebe einschaltet. Der PDS-Abgeordnere Gregor Gysi habe bereits mit den Protestierenden nach „möglichen Lücken im Kartellgesetzt gesucht“, sagten sie.

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