"Ganz sicher gibt's nicht"

■ Siemens berät Gefängnisse und Firmen über Sicherheitssysteme: Stacheldraht ist out

"Ganz sicher gibt's nicht“

Siemens berät Gefängnisse und Firmen über Sicherheitssysteme: Stacheldraht ist out

Sagen Sie bloß nicht „Alles Geld her oder ich schieße“. Sagen Sie: „Alles Geld her — nur den letzten Schein nicht.“ Den letzten Schein nämlich lassen BankkassiererInnen immer liegen; wird er weggezogen, schnappt die Kontaktfalle zu, der Alarm schrillt, und die Kamera fotografiert. Der sogenannte Geldscheinkontakt ist Standard in deutschen Banken. Warum die Banken trotzdem und immer wieder auch mit Erfolg überfallen werden? Weil die Polizei nicht immer die schnellste ist.

In der Bremer Siemens-Zentrale in der City kann man sich diese Woche auf einem Symposium über die neuesten Sicherheitssysteme informieren lassen. Was heißt „man“! Nur Geladene, also große Firmen oder Justizvollzugsanstalten, sind so richtig willkommen. Der taz hatte man zwar auch eine Mitteilung geschickt, vor Ort jedoch zeigten sich die Herren nicht besonders entzückt über die Medienpräsenz. Schon gar nicht sollten die drei informierenden Mitarbeiter namentlich genannt werden. Vollends mit Kopfschütteln wurde die Frage nach der Marktstellung von Siemens im Sicherheitsbereich beantwortet. Von einem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis will man ohnehin noch nichts gehört haben. Vielleicht ist das ja nur ein Trend bei Normalbürgern?

Die Normalbürger, so ein Mitarbeiter, der nicht genannt werden will, kaufen sich ja ohnehin meist im Kaufhaus für 150 Mark eine ziemlich sinnlose Selfmadeanlage: „Außer daß es bimmelt, passiert da nix. Der Normalbürger aber reagiert heutzutage ja gar nicht mehr auf so einen Alarm“, sagt der scheue Mitarbeiter. Eine Schaltung zu einem Bewachungsinstitut sollte es also schon sein.

Was ein Fenstermagnetkontakt, der Alarm schlägt beim Öffnen des Fensters, oder ein Glasbruchmelder so ungefähr kosten, wollte der Siemens-Mann dann wieder nicht sagen. Am besten erkundigen sich Privatleute bei der Polizeilichen Beratungsstelle, dort gibt es auch eine Liste mit den Firmen, die Sicherheitsanlgen anbringen dürfen.

Viel Neues gibt es nicht im Sicherheitsbereich, doch das Bekannte wird immer noch raffinierter. So sind Sicherheitsanlagen heute einfacher zu bedienen: Um eine Brandmeldenalage im Notfall richtig zu bedienen, muß der Sicherheitsmann heute keine Bedienungsanleitungen mehr auswendig lernen, sondern nur noch den jeweiligen Anweisungen des Computers folgen.

Der Trend geht vor allem zu möglichst unsichtbaren Sicherheitsanlagen. Am ehesten bekannt noch die parallelen Kabel im Boden des Firmenvorgartens. Zwischen den Kabeln wird ein hochfrequentes Feld erzeugt; tritt jemand hinein, schlägt die Zentrale Alarm. Oder der ganz harmlos aussehende Zaun um eine Hightech-Firma: Achtung, der Zaun kann hören. Einer der Maschendrähte reagiert nämlich auf akustische Signale. Man kann sogar einspeichern, daß er bei einem Kaninchen, das sich am Zaun schuppert, nicht aus der Fassung gerät. Stacheldraht ist also out.

Das allersicherste System ist allerdings wieder sichtbar:„Das ist sogar zimlich häßlich“, findet selbst der Siemens-Mitarbeiter. Damit der Zaun ein genügend großes elektrisches Feld aufbauen kann, hat er viele metallene Ausleger mit einem Wirrwarr von Drähten dazwischen. Häßlich und teuer, nur hochwertige Industrieanlagen und Gefängnisse leisten sich solche Zäune.

Trotzdem: Eindringlinge kann die Sicherheitstechnik nicht verhindern, höchstens abschrecken. „Mit Elektronik können Sie nur melden“, weiß der Siemens- Mann, „verhindern können Sie nur mit Mauern“. cis