: Töpfers Bilanz: Prima Klima – Scheiß-Verkehr
■ Der Klimabericht der Bundesregierung: Rückgang der Emissionen nur durch Zusammenbruch der Wirtschaft im Osten
Bonn (taz) – Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) hat gestern den ersten Bericht der Bundesregierung zum Klimaschutz in Deutschland vorgelegt. Voller Freude verkündete der Minister: „Von 1987 bis 1992 sind die Kohlendioxid- Emissionen im wiedervereinten Deutschland um 14,5 Prozent gesunken.“ Statt 1.064 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr 1987 sind in Deuschland 1992 noch 910 Millionen Tonnen emittiert worden. Dieser Trend setze sich fort. Bei allen Treibhausgasen – außer Kohlendioxid auch FCKW, Stickoxide, Methan, Lachgas sowie die flüchtigen organischen Verbindungen – will die Bundesregierung nach Töpfers Worten bis zum Jahr 2005 sogar eine Verringerung des Treibhauseffekts um 50 Prozent erreichen. Möglich wird diese Halbierung durch den völligen Verzicht auf FCKW.
Hinter dem erfreulichen Trend beim Kohlendioxid stehen allerdings ökonomisch unerfreuliche Tendenzen. Der Rückgang der Kohlendioxid-Emissionen geht im wesentlichen auf den Zusammenbruch der Wirtschaft im Osten Deutschlands zurück. Dadurch sind die Kohlendioxid-Emissionen in den fünf neuen Ländern und Ostberlin um etwa die Hälfte zurückgegangen – ein Trend, der sich nicht weiter fortsetzen wird.
Die SPD-Umweltpolitikerin Monika Ganseforth warf Töpfer denn auch vor, sich auf dem Rückgang der Verschmutzung durch den Zusammenbruch in der ehemaligen DDR „auszuruhen“. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warf dem Minister vor, mit solchen Zahlen „von der Tatenlosigkeit der Regierung abzulenken“.
Sieht man von dem Sondereffekt Ost ab, scheint die Einlösung des Regierungsversprechens, die Kohlendioxid-Emissionen bis zum Jahr 2005 um mindestens 25 Prozent zu senken, in der Tat in immer weitere Ferne zu rücken. Im Westen sind 1992 allein 21 Millionen Tonnen Kohlendioxid mehr in die Luft geblasen worden als 1987. Verantwortlich dafür sind vor allem die steigenden Auspuffgase – bundesweit um 15 Prozent von 1988 bis zum ersten Halbjahr 1993. Töpfer bedauernd: „Wir haben in allen Bereichen einen Rückgang gehabt, außer im Verkehr.“
Der Minister räumte ein, daß das Fahren teurer werden muß und daß zusätzliche Maßnahmen zu seiner Eindämmung notwendig sind. Konkrete Schritte und einen Zeitraum zur Erreichung einer Trendwende konnte er aber nicht angeben.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) verlangte unterdessen, daß noch vor der Bundestagswahl 1994 gesetzliche Höchstverbrauchswerte für Autos eingeführt werden. Pläne für 5-Liter-Autos lägen bei den Autokonzernen in den Schubladen.
Die Nord-Süd-Initiative Germanwatch kritisierte, auch in der Braunkohle- und Steinkohle-Politik verfolge die Bundesregierung einen Kurs, der die gewünschten Reduzierungen beim Treibhausgas Kohlendioxid unerreichbar scheinen lasse.
ten Tagesthema Seite 3
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