piwik no script img

Müllkutscher wollen DSD ganz überflüssig machen

■ 15.000 Lizenzverträge & drei Strafanzeigen

Berlin (taz) – Um die Überreste des Dualen Systems Deutschland (DSD) wird weiter hoch gepokert. Bei Gesprächen zwischen dem Handel und der Entsorgungswirtschaft gab es allerdings auch gestern keine Fortschritte. Die Entsorgungsfirmen drohen weiterhin mit der Entlassung von bis zu 12.000 Beschäftigten, falls der Grüne Punkt scheitere. Ihr Vorschlag: Der Handel solle künftig bei seinen Lieferanten die Lizenzgebühren für den Grünen Punkt eintreiben. Der Handel weigerte sich aber gestern, diese Aufgabe zu übernehmen, an der das DSD in den vergangenen Monaten gescheitert war. Der Leiter der Umweltabteilung beim Hauptverband des deutschen Einzelhandels, Timothy Glaz, sagte, die Handelsunternehmen könnten nicht für die schlechte Zahlungsmoral von Trittbrettfahrern aufkommen. Zudem seien nur Großunternehmen wie Metro und Rewe in der Lage, bei ihren Lieferanten zu kassieren.

Das DSD hat seit seiner Gründung rund 15.000 Lizenzverträge abgeschlossen. Die Verträge sehen allerdings überhaupt nicht vor, daß verpackende Firmen unbedingt für jede Verpackung sofort eine Gebühr an das System entrichten. Erst am Ende des Wirtschaftsjahres im März 1994 sollen Wirtschaftsprüfer kontrollieren, ob die Firmen gezahlt haben, säumige Firmen müßten erst dann nachzahlen.

So kann es denn kaum verwundern, daß das DSD bei 15.000 Lizenznehmern zwar 50 Millionen Mark monatlich zu wenig in der Kasse hat, aber erst drei Strafanzeigen gegen Firmen erstatten konnte, die das Duale System bei der Lizenzvergabe hintergangen haben sollen. Bei den Staatsanwaltschaften in Kiel, Stendal und Memmingen wurde gegen Firmen ermittelt, die unberechtigterweise den Grünen Punkt geführt haben sollen. In Memmingen soll der Mehltütenhersteller Mühlschlegel über Monate den Grünen Punkt auf seine Verpackungen gedruckt haben, ohne die Gebühren zu zahlen. Das Verfahren in Kiel ist dagegen bereits wieder eingestellt.

ten Seite 6

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen