: Weg mit den Halbgöttern in Weiß
■ Die GAL will die Hamburger Krankenhaus-Hierarchien knacken / Das Chefarzt-Prinzip verhindert notwendige Reformen Von Vera Stadie
Die Chefärzte ganz abschaffen will die GAL. Die Einführung von neuen Strukturen der kollegialen Leitung in den Krankenhäusern ist eine der zentralen Forderungen der GAL, die ihr gesundheitspolitischer Sprecher Peter Zamory gestern vorstellte. Das gleichberechtigte Kollegium soll die verkrusteten Hierarchien in Hamburgs Kliniken ablösen, denn die hätten auch dazu geführt, „daß der UKE-Skandal drei Jahre vertuscht wurde“.
„Viele in den Krankenhäusern trauen sich nicht, den Mund aufzumachen“, weiß Zamory aus eigener Erfahrung als Klinikarzt, denn jede Kritik würde mit Sanktionen belegt. Nicht nur deshalb will der Mediziner seinen karrierebewußten Kollegen an Ehre und Pfründe. Das Chefarztprinzip behindere jede Reform im Krankenhaus sowie die Motivation der Beschäftigten und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Krankenhäuser. Zudem wäre der Umsturz nicht nur kostenneutral, sondern würde sogar ein bißchen einsparen.
Die Sache hat nur einen Haken: „Chefärzte haben Verträge auf Lebenszeit, die kriegen wir so schnell nicht weg“. Künftig sollten daher mit den Ärzten nur noch zeitlich begrenzte Verträge abgeschlossen werden. Auch die Abrechnungen der Chefs mit ihren Privatpatienten sind der GAL eine Dorm im Auge. „Das regt geradezu zu Betrug und Mißbrauch an“, kritisiert Zamory. Höchstens 20 Prozent des Privathonorars dürften die Oberdoktoren nach seiner Auffassung in die eigene Tasche stecken, den Rest müßten sie abgeben. „Wir sind nicht der Meinung, daß aus Chefärzten Millionäre werden müssen“. Die falschen Patientenabrechnungen, die im UKE ans Licht gekommen sind, und auch der Strahlenskandal sind für den GAL-Gesundheitsspezialisten „nur die Spitze des Eisberges“. Deshalb bekräftigte Zamoray die GAL-Forderung nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß nach der Wahl.
Für eine Verharmlosung hält Zamory, was am Montag in der Anhörung des Wissenschaftsausschusses zur Strahlentherapie im UKE der Vorsitzende der kassenärztlichen Vereinigung behauptete. Durch das Bestrahlungsverfahren von Professor Hübener seien mehr Patienten gerettet worden als daran gestorben seien, hatte Professor Dr. Ulrich Kleeberg dort ausgesagt. „Ich beürchte, daß Professor Kleeberg verharmlost, um Hübener reinzuwaschen“, so der GALier.
Empört über Kleebergs Äußerungen sind auch Patienten, die nach Behandlungen im UKE an Strahlenschäden leiden. Ihr Anwalt Wilhelm Funke: „Meine Mandanten empfinden es als ungeheuerlich, daß ein Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg in einer öffentlichen Anhörung ohne Beweisantritt Derartiges behaupten kann“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen