: Pazifistische Positionen überdenken
■ Zur Debatte um Bosnien und den Pazifismus
Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Rettung des bosnischen Volkes hat Marie-Luise Beck am 15. September auf einer Veranstaltung von Bündnis90/Die Grünen in Zeven gehalten. In einem erschütternden Bericht, der bei den Besuchern einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterließ, schilderte Frau Beck die katastrophale Versorgungslage der Zivilbevölkerung in Zentral-und Ostbosnien: sie berichtete über die 91 noch bestehenden Vergewaltigungslager in Bosnien und über unfaßbare Massaker an der bosnischen Bevölkerung. Sie forderte ein energisches Eingreifen der UNO, wenn notwendig auch mit militärischen Mitteln, um den Holocaust an der bosnischen Bevölkerung zu verhindern. Die Rolle der EG nannte Frau Beck einfach beschämend. Sie habe sich der serbischen Aggression gebeugt, Lord Owen müsse sogar als direkter Interessenvertreter Serbiens angesehen werden.
In diesem Zusammenhang stellte Frau Beck die provokative These auf, Bosnien müsse für die Wiedervereinigung Deutschlands bezahlen, weil Frankreich und England befürchteten, daß Deutschland über Slowenien und Kroatien einen zu starken Einfluß auf den Balkan ausüben könnte, der eben nur durch ein starkes Serbien gestoppt werden könne. Das Waffenembargo für Bosnien nütze nur Serbien, und deshalb hätten die englischen und französischen Abgeordneten für die Fortsetzung des Waffenembargos votiert — so Frau Beck. In einem historischen Rückblick machte Frau Beck klar, daß es kein Bürgerkrie sei, sondern ein Aggressionskrieg Serbiens.
Ich unterstütze die Positionen von Frau Beck. Angesichts von Massenvergewaltigungen, ethnischen Säuberungen, unfaßbaren Massakern an der Zivilbevölkerung verliert der Pazifismus seine Unschuld, wenn Tatenlosigkeit das Ergebnis wäre. Ich fordere die Friedensbewegung und meine eigene Partei auf, Positionen bezüglich Bosnien zu überdenken und sich — wenn notwendig — auch für militärische Einsätze einzusetzen, um einen neuen Holocaust in Europa zu verhindern.
Friedhelm Horn, 27404 Rüspel,
Landtagskandidat von Bündnis90/Die Grünen
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