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Hamburgs SPD ringt noch mit sich

Entscheidung über Aufnahme von Koalitionsverhandlungen vertagt / Grüne warten mit milder Geduld, Statt Partei foppt die Sozis ein bißchen / Hilft „innerparteiliche Psychotherapie“?  ■ Aus Hamburg Florian Marten

Zehn Tage nach ihrer deutlichen Wahlniederlage präsentiert sich Hamburgs SPD entscheidungsunfähig. Der SPD-Landesvorstand verschob am Donnerstag abend den Beschluß über den Einstieg in „richtige“ Koalitionsverhandlungen mit den Grünen oder der Statt Partei nochmals um eine Woche. Durch eine zweite Runde von „Sondierungsgesprächen“ mit den regierungsbereiten Grünen und den tolerierungswilligen Newcomern der bürgerlichen Statt Partei sollen, so die offizielle Verlautbarung, noch einmal „Kompromißmöglichkeiten“ ausgelotet werden. Die grüne Spitzenkandidatin Krista Sager signalisierte gegenüber der taz allerdings mildes Verständnis für die innerparteilichen Probleme der SPD: „Die Schwierigkeiten der SPD mit sich selber haben dazu geführt, daß sie Zeit gewinnen will. Die Grünen müssen gute Miene zu bösem Spiel machen.“

Bis zum Donnerstag abend war es der SPD-Spitze um den konservativen Bürgermeister Henning Voscherau und den rot-grün angehauchten Landesvorsitzenden Helmuth Frahm gelungen, eine öffentliche Debatte der SPD über den Koalitionskurs zu verhindern. In der entscheidenden Landesvorstandssitzung prallten die Schlachtreihen unvermittelt aufeinander: Der linke Flügel plädierte ohne Wenn und Aber für Rot-Grün, die Rechte hielt fundamental dagegen. Bürgermeister Henning Voscherau, vom rot-grünen Outing einer Vielzahl seiner SpitzengenossInnen sichtlich schockiert, fahndete verzweifelt nach einem Ausweg.

Die Statt Partei, so hatten die bisherigen Gespräche gezeigt, wäre ein unkalkulierbarer, problematischer Partner. Vom Streß plötzlicher Prominenz und ungewohnter politischer Verantwortung sichtlich gezeichnet hatte der CDU-Rebell und Statt-Partei- Chef Markus Wegner am Donnerstagmittag noch betont: „Selbst mit einer Zusage der SPD für Verhandlungen mit uns wäre noch nichts klar. Das freudigste Ereignis wäre, wenn es die SPD erst mal mit den Grünen probiert.“

Falsch eingeschätzt hatte Voscherau offenkundig die Stimmung in Gewerkschaften, Betrieben und SPD-Basis: DGB-Chef und ÖTV votierten bereits für Rot-Grün, traditionell sozialdemokratisch eingestellte Betriebsräte wie etwa die Vertreter der Lufthansa-Werft warnten ihre Partei „eindringlich“ vor einer Verbindung mit der Statt Partei.

Ein Votum für Rot-Grün blieb dennoch vorerst aus. Da es keine SPD-ErsatzkandidatIn für Bürgermeister Henning Voscherau gibt, muß man den Stadtchef „zum Aufbruch zu neuen Ufern mitnehmen“, wie es eine Landesvorständlerin fomulierte. Andere Spitzensozis drückten sich noch drastischer aus: „Wir brauchen jetzt ein bißchen innerparteiliche Psychotherapie.“ Halten die Grünen aber an ihrem konsequenten und konstruktiven Kurs fest, so meinen politische Beobachter, wird es in Hamburg am Ende zu einer rot- grünen Koalition kommen – notfalls auch ohne Henning Voscherau. Parteichef Helmuth Frahm hat bereits eine Mitgliederbefragung in Aussicht gestellt.

Der noch amtierende SPD-Bürgermeister ist allerdings in einer außerordentlich starken Position. Dank einer verfassungsrechtlich heute höchst umstrittenen Besonderheit der Hamburger Verfassung währt der „Senat ewig“. Er kann nur mit einem konstruktiven Mißtrauensvotum, sprich durch Neuwahl von SenatorInnen, ersetzt werden. Solange sich keine neue Mehrheit findet, bleibt die Regierung im Amt. Voscheraus Hintertürchen heißt Minderheitsregierung. Unabwählbar könnte er sich absolute Mehrheiten suchen.

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