: Zwischen Wurst und Käse
■ Wie es zum dem Streit Bürgermeister/Finanzsenator um den Haushalt 94 kam
Unkollegial und überhaupt „unerträglich“ sei er, hat Bürgermeister Wedemeier seinem Finanzsenator am vergangenen Donnerstag per Pressemitteilung mitgeteilt. Der hatte den Haushalt 1994 vorgestellt, ohne Optimismus zu verbreiten.
Der Streit zwischen Finanzsenator Kröning und Bürgermeister Wedemeier ist beigelegt, jedenfalls haben sie inzwischen unter dem integrierenden Auge der neuen Landesvorsitzenden Tine Wischer zusammengesessen. Zeit also, zu berichten, wie alles dazu kam...
An jenem Mittwoch der vergangenen Woche hatte Kröning um 14 Uhr seine Pressekonferenz gehalten, ab 18 Uhr waren beide, Wedemeier und Kröning, zusammen mit ca. 200 befrackten Gästen im Rathaus, beim ehrwürdigen Tabak- Kollegium, einer Mischung aus launigen Reden und vielerlei Sorten Alkohol.
Wußte Wedemeier da schon von der Pressekonferenz? Donnerstag, das war bekannt, wollte der Bürgermeister ein paar Tage in Urlaub gehen.
Um es gerad heraus zu sagen: Wedemeier wußte von der Kröning-Botschaft, allerdings nur aus dem Radio. So verkürzt wie es in einem „zweidreißig“-Beitrag sein muß, war dort gemeldet worden, Kröning habe gesagt, „mindestens 50 Prozent“ der Stadtwerke müßten verkauft werden.
Wedemeier war zornentbrannt — und fraß die Wut in sich hinein. Wenn er Kröning gefragt hätte, dann hätte er erfahren, daß der sich weit differenzierter ausgedrückt hatte. Auch in den Tageszeitungen des folgenden Tages war sowas von „mindestens 50 Prozent“ nicht zu lesen. Allerdings waren die Haushaltsrisiken aufgelistet, und die belaufen sich unbestritten auf mehr als 500 Millionen Mark.
Wedemeier wohnte dem Tabakkollegion bei, hörte den niederdeutschen Wechseltrunkspruch und nahm den Löffeltrunk, Bremer Abendbrot mit Bier, Korn und Fischplatte, und sprach mit seinem Finanzsenator kein Wort. Wedemeier sprach zwischen Wurst und Käse, wie es das strenge Regularium des Tabalk-Kollegiums erfordert, er hörte sich den Arbeitgeber-Präsident Kloess und den Siemens-Chef Dr. Piper an, und fraß seine Wut in sich hinein: Mit seinem Finanzsenator Kröning aber redete er kein Wort.
An seinem Urlaubs-Tag dann, dem Donnerstag, kam dann nachmittags um 16 Uhr 45 der Gegenschlag Wedemeiers — direkt in die Zeitungsredaktionen. Ob das die feine Bremer Art ist, fragt sich da doch Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen