: Ampel im Klassenkampf
■ Streit um Privatschgulen spaltet Koalition / FDP: Sparen nicht mit uns
“Mit der FDP wird es keine Kürzungen und keine Änderung des Schulgesetzes geben.“ Freundlich aber bestimmt trat gestern in der Bürgerschaft die FDP-Bildungspolitikerin Annelene von Schönfeldt Bildungssenator Henning Scherf vors Schienbein. Der hatte nämlich mit SPD und Grünen im Rücken vorgeschlagen, die staatlichen Zuschüsse an Privatschulen um zehn Prozent zu kürzen - und damit bei den Trägern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Mit von der Partie bei den Protestierern: Die CDU als Opposition sowieso, und nun auch explizit die FDP. „Die Koalition hat da ein Problem“, meinte dann auch ein zerknirschter Henning Scherf.
Die Kürzungspläne hatten in den vergangenen Monaten für Aufregung gesorgt: Die Privatschulträger hatten dem Bildungssenator vorgeworfen, er wolle ihren Schulen den Garaus machen, aus ideologischen Gründen. Mit weniger Geld könnten sie nicht weiter existieren, schließlich sei der Schutz privater Schulen verfassungsrechtlich abgesichert. Also kündigten in der vergangenen Woche die Träger den Gang zum Verfassungsgericht an, sollte die Bürgerschaft die Kürzungen tatsächlich beschließen. Die gingen nämlich nur über eine Änderung des Schulgesetzes.
Wenn sie auch sonst der Ampel jede ausgegebene Mark vorhält, ob denn daran nicht ein paar Pfennige zu sparen wären, um die Haushaltssanierung voranzubringen - im Fall der Privatschulen hatte die CDU die Spendierhosen an: Keine müde Mark sollte da eingespart werden, meinte Klaus Bürger für die Christdemokraten. „Die Privatschulen sind ein bunter Mosaikstein im grauen Einerlei der staatlichen Schulen.“ Überhaupt seien die staatlichen Schulen nur abschreckend, und schließlich seien die Privaten auch viel billiger. 11 Millionen Mark müßte der Bildungssenator pro Jahr mehr ausgeben, wenn es die Privatschulen nicht gebe. „Wir sind gespannt, wie die FDP sich verhalten wird.“ Denn die hatte einen Parteibeschluß im Rücken: gegen jede Kürzung.
Doch die FDP blieb dabei, Koalition hin, Koalition her. Annelene von Schönfeldt: „Seit eineinhalb Jahren hat die FDP den Bemühungen getrotzt“, und das werde sie auch weiter so halten. Schließlich sei Bremen Schlußlicht bei der Förderung der Privaten, und die Koalitionsvereinbarungen sprächen ganz klar von einer Angleichung an den Bundesstandart. Genüßlich zitierte die FDP-Politikerin eine Lobeshymne auf freie Schulinitiativen, die war von den niedersächsischen Grünen.
Damit war die Koalition gespalten, daran änderten auch die Reden von Bringfriede Kahrs von der SPD und des Grünen Wolfram Sailer nichts. Beide beschworen die harten Sparrunden für die öffentlichen Schulen, da könne es keine Ausnahme bei den Privaten geben. Kahrs drohte dem Koalitionspartner mit dem Protest von der anderen Seite: „Wenn die FDP sich verweigert, ist das in den öffentlichen Schulen zu diskutieren.“ Und Sailer: „Wir wollen keine politische Entwicklung, an deren Ende die öffentlichen Schulen die Schulen der Armen sind.“
Bildungssenator Scherf schließlich bezweifelte die Zahlen von CDU und FDP. Bremen sei nicht Schlußlicht in der Förderung, wenn man die Vergleiche richtig lese. In manchen Schulzweigen liege beispielsweise Bayern und Baden- Württemberg hinter Bremen. Scherf: „Das sind Länder, die uns über den Länderfinanzausgleich finanzieren sollen.“ Nur hängte Scherf die Debatte ungeschickterweise noch höher. „Ich gehe davon aus, daß die FDP nicht koalitionsmüde ist.“ Wenn der Streit schon zur Koalitionsfrage stilisiert werden sollte und nachdem CDU- Mann Bürger der Ampel „Gleichmacherei“ vorgeworfen hatte, da wollte auch der FDP-Fraktionschef Heinrich Welke nicht hintan stehen. Wenn's schon krachen soll, dann richtig: Wenn man so einen Beschluß in der Koalition herbeiführen wolle, „dann muß man das entweder in die Koalitionsvereinbarung schreiben oder so gute Argumente haben, daß man die anderen überzeugt.“ Und mit Blick auf die KoalitionskollegInnen: „Beides trifft nicht zu.“ Nun soll der Streit den schweren Weg aller Konflikte in der Ampel gehen: In den Koalitionsausschuß . J.G.
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