: Ost-Gefahr fürSeebeck
■ EG entscheidet Vulkan-Plan in Wismar
Der Streit um den Ausbau der Meeres-Technik-Werft (MTW) in Wismar scheint ein für den Bremer Vulkan gutes Ende zu nehmen. Der Vulkan hatte die Werft von der Treuhand gekauft und Subventionen in Höhe von 580 Mio. Mark in Aussicht gestellt bekommen. Beim Planen des Ausbaus stellte man fest: Der Grund und Boden trägt die auf 100.000 cgt (compensated gross tons, eine Einheit, die Fertigungsstunden und Tonage-Kapazität in Beziehung setzt) geplante Anlage nicht. Also kümmerte sich der Vulkan um neues Terrain, um den Werftneubau für die geplante Kapazität hochziehen zu können.
Dabei kam der Verdacht auf, daß der Vulkan über die verabredeten 100.000 cgt mehr Kapazitäten aufbauen wolle. Insbesondere die Konkurrenz aus Papenburg, die Meyer-Werft, hatte den Verdacht, daß die neue MTW-Werft im Osten mehr Tonnen würde produzieren wollen als angegeben. Die Wettbewerbs-Kommission der Europäischen Union, die den Kauf der MTW-Werft mit der Auflage des 100.000 cgt-Limits genehmigt hatte, setzte einen Gutachter ein, der die Verdachtsmomente erst bestätigte. In Wismar entstehe eine Werft, die mehr als 100.000 cgt produzieren könne. Also zitierte die Kommission den Vulkan nach Brüssel.
Gestern war die Sitzung, deren Ergebnis bei Redaktionsschluß noch nicht feststand. Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums wurde aber bekannt, daß der Vulkan eine Erklärung abgegeben habe, auf dem neuen Gelände nur Kapazitäten in der abgesprochenen Höhe von 100.000 cgt zu bauen. Außerdem habe der EG-Gutachter gegenüber der Kommission mittlerweile Fehler bei seiner Beurteilung eingeräumt, hieß es. Folgt die Kommission dieser Version, dann darf der Vulkan weiter planen und ausbauen.
In Bremerhaven wird das mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Manfred Schramm erklärte, daß mit der Genehmigung der 100.000-cgt-Kapazität im Osten gleichzeitig ein Kapazitätsabbau im Westen verbunden sei. Treffen könnte es dabei die Bremerhavener Schichau-Seebeck-Werft im Vulkan-Verbund, die wie die geplante MTW-Werft vornehmlich Fähren baut. Bei Schichau-Seebeck werden nach Angaben des Betriebsrates Gerhard Ritz derzeit 134 Arbeitsplätze (von 2.000) abgebaut. Die Werft ist mit dem Fährenbau bis Anfang 1995 zwar ausgelastet, aber mit Verlustaufträge, die zwar Beschäftigung, aber auch Miese „in zweistelliger Millionenhöhe“ bringen, hieß es. mad
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